Klugscheißerei um einen Buchstaben.
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Ich tauche ab ins Mittelalter. Für das Pfingstwochenende. Als Marktmönch und Scriptor bin ich auf Burg Regenstein in Blankenburg am Harz zu finden. Und ich weiß nicht, ob ich in dem Trubel täglich genug Zeit finde, einen Blogbeitrag zu veröffentlichen. Falls jemand zufällig in der Gegend oder gar absichtlich in der Burg Regenstein sein sollte: Sprecht mich ruhig an. Neben meinen Erklärungen und Vorführungen zu alten Deutschen Handschriften bleibt gewiß Zeit für einen kleinen Plausch. Und ja, ich werde auch dafür werben, daß die, die solche Schrift noch lesen können, ihr Wissen an andere, jüngere Menschen weitergeben.
Übrigens ist Frakturschrift noch ein ganz anderes Kapitel. Die früher gedruckten, “gebrochenen” Schriften kannten zum Beispiel – wie auch die Handschriften und einige wenige moderne Druckschriften – zwei verschiedene Lettern für das “s”: Zum einen ist da das runde, dem heute üblichen Buchstaben ähnelnde Schluß-S, das eben nur am Silben- oder Wortende genutzt werden darf; zum anderen ist da das Binnen-S, das Lang-S ẝ oder ſ, das oft einem kleinen f mit unvollständigem/ohne Querstrich ähnelt (es gibt noch mehr Darstellungsvarianten als diese beiden). Jedesmal, wenn ich z. B. Straßennamensschilder sehe (wie hier in der Stadt), die in einer Fraktur beschriftet sind und in Komposita den Wortteil “straße” mit dem Schluß-S beginnen, kann ich nur den Kopf schütteln. Ein Beispiel? Falsch: Ulrichstraße (müßte als Ulrichs-traße gelesen werden). Richtig: Ulrichſtraße (wird korrekt als Ulrich-straße gelesen). Nun, die alten Setzer, denen diese S-Regeln noch bekannt waren, sind (beinahe) ausgestorben. Und Leute, die heute an einem Computer mit gebrochenen Schriften sich ausprobieren, die kennen das und all die Ligaturen (Lettern, in denen mindestens zwei Buchstaben zu einem Druckzeichen verbunden sind: st, ft, sch, ch, ck, tz, fi usw. usf.) nicht mehr.
Handschrift, Schreibschrift ist eine Kulturtechnik. Leider, leider scheint sie allerdings zu verschwinden. Aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, in 25 Jahren ein Bündel Liebes-Whatsapp-Nachrichten zu finden, bei deren Betrachtung einer das Herz aufgeht? Vielleicht kann ich doch eine Winzigkeit bewirken mit meinem Werben für und meinen Informationen über Handschriften, auch alte Handschriften wie Kurrent und Sütterlin, als Mönch auf einem Mittelaltermarkt.
Ich schleiche mich davon und sage Danke für’s Lesen.
P.S.: Am 07.06.2019 waren positiv die geglückte Anreise, eine Idee für ein großes Schild, ein sehr entspanntes Bier am Abend.
Die Tageskarte für morgen ist die Zehn der Stäbe.
© 2019 – Der Emil. Text unter der Creative Commons 4.0 Unported Lizenz (Namensnennung, keine kommerzielle Verwertung, keine Veränderung).
Ich wünsche dir viel Spaß lieber Emil, bei deiner tollen Mission.
Viel Spaß, feine Geselligkeit und viele schöne Begegnungen wünsche ich dir. Es ist gut, dass du dich so für die Handschriften einsetzt.
Was du alles weißt…dankeschön
Viel Spaß!