314–2024: Spruchbild

Schon bei meinen Großeltern in der Wohnung.

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Der im Bild enthaltene Text ist im Blogbeitrag unter dem Bild zu lesen.

Spruchbild
wahrscheinlich noch aus der Zeit von vor 1933, gedruckt in einer Frakturschrift.

 

 
Mehr Liebe im Leben
 

Dem Toten weiht man friſche Kränze,
Warum ihm denn im Leben nicht?
Warum ſo ſparſam mit der Liebe
Und warten, bis das Auge bricht?
Im Sarg erfreuen keine Blumen,
Im Grabe fühlt man keinen Schmerz.
Wenn lebend man mehr Liebe übte,
Dann lebte länger manches Herz!

 

 

Ganz winzig klein steht unter der Umrandung des Spruches der Hinweis auf den Urheber (dachte ich): Heinrich Kröner, Döbeln. Aber nein, das war eine Firma, Verlag, Buchdruckerei, Buchbinderei und Bürobedarfshandlung, die bis weit in die DDR hinein noch existierte (erst 1972 wurde das Gebäude abgerissen, in dem sie ansässig war).

Der in einem goldenen Rahmen gefaßte Spruch hing schon bei meinen Großeltern in der Wohnung, ich weiß nur nicht mehr, ob in Küche, Wohnzimmer oder Flur. Schon immer gefiel mir die Schrift, die bei seinem Druck verwendet wurde. Und weil im Text das Lang-S ſ verwendet wurde, hab ich den auch mit diesem ſ abgeschrieben. Wie liest ein Screenreader diesen Buchstaben?

Als Kind wußte ich mit dem Sinn des Spruchs wenig anzufangen. Aber je älter ich wurde und werde, um so näher geht mir der Inhalt. Denn auch ich ertappte mich bei der Frage, wieso ich jetzt dies und das jemandem geben, schenken sollte – zumin­dest als ich noch viel jünger war. Aber zu der Zeit, da ich als Freiberufler tätig war, änderte sich diese Einstellung. Seither gebe ich gerne denen, denen es mangelt. Es müssen ja nicht Kränze und Blumen sein. Den Lebenden zu geben ist eine gute Sache. Wenn ich dem Hunrigen kein Brötchen geben will, dann brauche ich ihm, wenn er nach dem Verhungern begraben wird, auch kein Brötchen in seinen Sarg oder auf den Grabhügel zu legen. So ist das auch mit Blumen, Zuneigung, Vertrauen, Liebe, Fürsorge usw. usf.

Na klar, man darf den Spruch auch als Plattitüde ansehen. Das hab ich früher viel­leicht auch getan und deswegen andere Formulierungen vorgezogen, um den hier enthaltenen Sinn zu verbreiten. Nun, heutzutage habe ich den Mut, ihn genau so weiterzugeben, wie ich ihn seit knapp sechzig Jahren kenne.

 

Erinnerung des Tages:
Bei Eintritt der Dämmerung stellte ich heute – wie ich es heute vor 35 Jahren schon über mehrere Monate getan hatte – eine brennende Kerze ins Fenster.

 

Mit einem Danke fürs Lesen schleiche ich mich davon.

Der Emil

 

P.S.: Zufrieden war ich am 9. November 2024 mit der Ruhe am sehr frühen Morgen, mit dem Besuch bei meinem Vater (dem es wieder wesentlich besser geht), mit einem leckeren Döner.

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Über Der Emil

Not normal. Interested in nearly everything. Wearing black. Listening. Looking. Reading. Writing. Clochard / life artist / Lebenskünstler.
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2 Antworten zu 314–2024: Spruchbild

  1. Lapidarius sagt:

    @deremil

    Diesen Spruch kenne. In irgendeiner Schublade liegt bestimmt noch der Zettel, auf dem ich ihn in den Anfangszeiten der PCs und Nadeldrucker in Fraktur oder ähnlicher Schrift gedruckt habe. Leider gaben wir sehr viele Schubladen, wo sich solche Dinge verstecken. Meine Schwiegereltern müssten diesen Spruch, der auf einer Pappe geschrieben war, besessen haben. Die Erinnerung ist jedoch schon unsicher.

    Früher hatte man öfters solche Sprüche zum Nachdenken. Zum Beispiel diesen:

    Sag morgens mir ein gutes Wort
    Bevor du gehst von Hause fort.
    Es kann soviel am Tag geschehen,
    Wer weiß, ob wir uns wiedersehen.
    Sag lieb ein Wort zur guten Nacht,
    Wer weiß, ob man noch früh erwacht.
    Das Leben ist so schnell vorbei,
    Und dann ist es nicht einerlei,
    Was du zuletzt zu mir gesagt,
    Was du zuletzt mich hast gefragt.
    Drum laß ein gutes Wort das letzte sein,
    Bedenk, das letzte könnt’s für immer sein!

    Ich finde leider keinen Onlinegenerator, der das richtig schreibt. Ich hänge ein Bild rein, bei dem weder Umlaute noch das lange s berücksichtigt sind, vielleicht kennst Du ihn nicht und er gefällt Dir.

  2. annette sagt:

    Ich erinnerte mich spontan an meine Großmutter… Kurz nach Beginn meiner Lehre als Gärtnerin brachte ich ihr einen wohl etwas größeren Blumenstrauß mit, worauf sie sinngemäß etwas sagte wie „du musst dein bisschen Geld doch nicht für Blumen für mich ausgeben!“ Meine Antwort war dann durchaus frech, inhaltlich: „Lieber jetzt als später, wenn du erst mal neben der Kirche liegst, haste nichts davon!“ (Diese Einstellung habe ich definitiv von meiner Mutter übernommen, keine jugendliche Weisheit!)
    Ein halbes Jahr später brauchte ich keine Blumen für sie mehr mitzubringen. Aber hängengeblieben ist das bei mir – auch im übertragenen Sinn wie in beiden Sprüchen. Und ich versuche mich dran zu halten…hat leider schon manchmal nicht geklappt.

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