Und doch: Montag ist nur Alltag.
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Das Wochenende ist vorbei. Es war nicht nur dunkel-hell-dunkel-hell-dunkel, es war auch anstrengend. Am Sonnabend vor allem. Ich war vorbereitet auf … auf eine schmerzende Begegnung, wesentlich schmerzlicher als die letzten Male: Mir wurde ja mitgeteilt, wie schlecht es ihm geht und wie schlecht er aussieht. Nun ja, mit fast 84 Jahren und mit der fortgeschrittenen Demenz ist er nicht mehr die Person, zu der ich als Kind und Jugendlicher aufsah. Aber er ist noch immer mein Vater. Und meiner Meinung nach hat er sich ganz gut gehalten. Er erkannte mich und er sprach auch mit mir, war nicht nur in seiner Welt gefangen oder versunken.
Das Wochenende ist vorbei. Der Alltag, der auch meine sonstigen Wochenenden umfaßt, ist wieder da. Das heißt, ich mußte heute Haushaltsdinge erledigen, einkaufen. Da ich nur mit Rucksack und ggf. ÖPNV unterwegs bin, gehe ich sowieso mehrmals in der Woche irgendetwas besorgen. Ihr kennt das ja sicher auch: Etwas fehlt immer. Heute allerdings mußte ich (und wollte ich natürlich auch) noch zum Optiker. Die Brillen, die ich mir vorletzte Woche nach einer Sehstärkenbestimmung bestellt hatte, waren zur Abholung fertig. Nunja, die Fern-/Autobrille ist hervorragend, mit der Arbeitsplatzbrille muß ich mich noch ein wenig anfreunden: da muß ich sehr oft den Kopf bewegen, um scharf zu sehen bzw. wesentlich aufrechter sitzen, um den Kopf etwas vom Bildschirm wegzubekommen. (Und jetzt laß ich mir doch noch eine Gleitsicht …) Diesmal werde ich allerdings darauf achten, sie so oft als nur möglich zu tragen. Und ich werde nicht wieder über zehn Jahre warten, ehe ich meine Sehstärke erneut überprüfen lasse.
Grummelig war und bin ich heute trotzdem. Das hat mit anderen Familienmitgliedern zu tun, deren Verhalten ich doch ein wenig unangemessen fand. Ja, ich erlebe sie immer nur in Ausnahmesituationen, kenne sie nicht, wie sie im Alltag sind und reagieren. Dennoch. Gelernt habe wir das alle anders. Nun, mittlerweile hat sich die Welt und haben wir uns alle verändert, vielleicht sogar in verschiedene Richtungen, auf alle Fälle sehr unterschiedlich. Wahrscheinlich bleiben deshalb Reibereien nicht aus. Mir allerdings schlagen solche Erlebnisse wortwörtlich auf die Nieren, ich reagiere auf soetwas wirklich mit Schmerzen in der Nierengegend. Und die sind auch heute noch da. Grummelig macht mich auch, daß eine angekündigte und daher sehnsüchtig erwartete Postsendung (keine Versandhandelssache, etwas Privates) noch nicht angekommen ist. Laut Absender wurde das schon vor über einer Woche abgeschickt.
Außerdem ist Montag. Und das ist genug Anlaß für eine nicht so gute Laune bei mir. Obwohl in meinem Leben alle Tage nur Tage sind, zuhause, da ist kein Unterschied zwischen Wochenende und Arbeitstag (außer den seltener verkehrenden Bussen und Straßenbahnen hierzustadt und den am Sonntag meist geschlossenen Läden). Dennoch ist auch bei mir der Montag wie bei so vielen anderen Menschen der unbeliebteste Tag der Woche. Ein Gutes hat er für mich allerdings: Nur noch viermal Schlafen bis Wochenendbeginn am Freitagabend.
Ich schleiche mich davon und sage Danke fürs Lesen.
P.S.: Am 6. November 2023 war ich zufrieden mit dem erledigten Einkauf, mit den beiden neuen Brillen, mit dem überstandenen Montag.
© 2023 – Der Emil. Text unter der Creative Commons 4.0 Unported Lizenz (Namensnennung, keine kommerzielle Verwertung, keine Veränderung).
Lieber Emil,
ich habe an so einigen Stellen genickt, denn ja, das kenne ich alles aus meinem eigenen Leben.
Demenz, eine Krankheit, die für den davon betroffenen Menschen gerade anfangs so schrecklich ist, wenn man merkt, dass „etwas“ oder „ganz vieles“ nicht mehr stimmt. Ich höre das immer wieder von Angehörigen, die diese Aufruhr bei einem Erkrankten erlebt haben oder gerade erleben. Es kann sehr schwierig sein, in diesem Stadium helfend oder unterstützend einzugreifen. Meine Mutter (82) war sehr aggressiv, konnte nichts annehmen – keine Überraschung, für sie muss die Welt zusammengebrochen sein, sie hat sicher geahnt und war von Panik erfasst, was auf sie zukommen würde. Sie, die als Krankenschwester immer soviel unterstützt hat, ist nun selbst vollends auf Hilfe angewiesen, bei nahezu jedem einzelnen Handgriff. Mir ist das Herz oft sooo schwer …
Ich kann einordnen, worüber Du hier so schmerzlich erfüllt schreibst. Auch dieses Daraufachten, erkennt mich der Vater heute, erkennt mich die Mutter? Es ist ein sehr heftiges, langes Abschiednehmen und es tut sehr weh.
Und ja, Veränderungen in der familiären Umwelt, auch diese können sehr belastend sein. Ich erlebe es selbst, vor allem kann es auch belastend sein, wenn Mensch als (zweifacher) Erwachsenenvertreter*in zu funktionieren hat, während unzählige Rat*schläge* auf einen einprasseln, aus der Ferne, durchaus auch von Wohlmeinenden, aber doch nicht Verstehenden. Mir schlagen solche Dinge auf den Magen. Der hat in den vergangenen Monaten arg gestreikt.
Den Montag empfinde ich als meinen anstrengendsten Tag, da muss mein Kopf über acht Stunden einfach nur präzise funktionieren.
Lasse ganz liebe Grüße hier und von Herzen ALLES LIEBE für Dich, C Stern
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