2020-270 — Verlust

Beim Lesen des uralten Tagebuchs kamen solche Gedanken.

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Der erste – bewußt erlebte – tote Mensch teilte mein Leben gnadenlos. Obwohl: Es war nicht dieser Tote. Es war das erste Erleben dieser entfesselten Angst vorm Tod gewesen, dieser schmerzende Moment, der mein Leben in eine Zeit davor und die folgende, noch andauernde Zeit danach unterschied. Meine Endlichkeit war mir vorher bewußt und ist es noch. Aber diese Angst. Diese Angst! Mit ihr ging ein Gutteil meiner Unbekümmertheit, meines Glaubens an das »Es wird schon alles gut!« verloren. Seither wuchs die Angst vorm Tod nicht mehr, wirklich nicht. Sie ist da. Sie ist. Und die Sorge um das, was nach mir kommt, ist auch. Und bleibt, wie sie ist. Nur die Ungewißheiten meines zu erlebenden Lebens wuchsen und wachsen seither.
 
Aus welchem Verlust kann ein Mensch wirklich Gewinn erzielen?

 

Ich schleiche mich davon und sage Danke fürs Lesen.

Der Emil

 

P.S.: Positiv waren am 26.09.2020 eine erkleckliche Anzahl gehörter CDs, der lange Regen, der erste fertige Adventskalenderbeitrag.
 
Die Tageskarte für morgen ist die Zwei der Schwerter. (Wie verdammt passend.)

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Über Der Emil

Not normal. Interested in nearly everything. Wearing black. Listening. Looking. Reading. Writing. Clochard / life artist / Lebenskünstler.
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2 Antworten zu 2020-270 — Verlust

  1. Elvira sagt:

    Ich denke, aus jedem Verlust. Dabei meine ich nicht die Trauer um den Menschen, der mir lieb und teuer war, denn von menschlichen Verlusten reden wir doch? Der Gewinn, auch wenn wir ihn als solchen höchstwahrscheinlich nicht sehen, ist die Chance darauf, selber intensiver zu leben. Unsere Vergänglichkeit wird uns deutlich aufgezeigt.
    Was die Angst betrifft, so habe ich keine Angst vor dem Tod, sondern vor dem Sterben. Ich habe drei mir sehr nahestehende Menschen beim Sterben begleitet. Es war furchtbar, aber auch tröstend. Alleine sterben zu müssen bereitet mir Angst. Wobei ich andererseits meinen Kindern, Enkeln oder wer immer möglicherweise an meinem Sterbebett sitzen wird, genau dieses ersparen möchte. Denn es begleitet einen ein Leben lang.
    Was für Gedanken an einem Sonntag! Ich wünsche uns ein noch langes, erfülltes Leben!
    Liebe Grüße,
    Elvira

  2. Gudrun sagt:

    Ich war 16 Jahre alt, als ich zum erste Mal im Krankenhaus arbeitete. Mit mir Neuling war nicht viel anzufangen und so setzte man mich als Wache ans Bett einer alten Frau, die im Sterben lag. Ich war völlig unvorbereitet, hatte mir noch nie Gedanken über das Sterben und den Tod gemacht. Ich wusste nicht, was „normal“ war und was nicht. In meiner Angst habe ich die Hand der alten Frau genommen und sie gestreichelt. Wahrscheinlich war das das Beste, was ich tun konnte.
    Nächtelang hatte ich dann Angst davor einzuschlafen. Ich wollte wissen, wieviel Zeit mir selbst noch bleibt und bekam natürlich keine Antwort. (An der Leipziger Rathausuhr steht nicht ohne Grund „die Stunde ist ungewiss“.)
    Später, viel später, hatte ich die Reife, um als Sterbebegleiter zu arbeiten. Da wollte mich keiner mehr, ich war zu alt.

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