206–2024: Unnormal

Es ist doch nur verschwendete Zeit, oder?

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Ich gehe bergauf. Flach ist es nicht gerade, aber noch nicht zu steil. Dennoch käme ich ohne meinen Stecken nicht so einfach hinauf.

Etwa 20 Minuten bin ich unterwegs, ehe ich oben ankomme. Oben, das ist eine Bank auf einem Hügel, auf einem kleinen Berg hier im Wald. Dort sitze ich bei trockenem Wetter gerne und lese. Oder ich beobachte und belausche, was um mich herum ist. Insekten und Vögel, selten mal ein Kaninchen, noch seltener Rehe. Es tut auch gut, die Augen zu schließen und den Kopf in den wehenden Wind zu drehen. Da sind dann auch Gerüche, Düfte und das Rauschen der Bäume, die ich in mich aufsauge. Die kleine Auszeit hier dauert meist nicht sehr lang, ist üblicherweise nicht länger als die Zeit, die ich den Berg herauf brauche. So bin ich nach spätestens andert­halb Stunden wieder unten, zuhause, zurück unter Menschen.

Nein, ich bin echt nicht menschenscheu, bin ihrer auch nicht über­drüs­sig. Eben weil ich mir die Pausen von ihnen gönne. Es ist wohl normal, daß ich nicht ohne Mitmenschen sein will und kann. Und doch erscheine ich ihnen unnormal, ihnen, die meine Auszeiten nicht verstehen wollen oder können und sie als Spinnerei und Zeitver­schwendung abtun. Ich aber bin der Meinung, das, was mir guttut, ist kein Spleen, sondern gut genutzte Zeit. Wer das nicht ausprobieren will … Leid tun mir die, die das nicht ausprobieren können.

 

 

Heute weggegeben bzw. entsorgt:
Eine kaputte Sporttasche und einen kaputten Rucksack in den Müll gebracht (und an beidem hingen viele Erinnerungen) – ich schaffte die Reparatur auch nach Jahren nicht.

 

Mit einem Danke fürs Lesen schleiche ich mich davon.

Der Emil

 

P.S.: Zufrieden war ich am 24. Juli 2024 mit luziden Träumen am Morgen, mit einem gemachten kleinen Plan, mit einem dicken Cheeseburger.

© 2024 – Der Emil. Text unter der Creative Commons 4.0 Unported Lizenz
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Über Der Emil

Not normal. Interested in nearly everything. Wearing black. Listening. Looking. Reading. Writing. Clochard / life artist / Lebenskünstler.
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3 Antworten zu 206–2024: Unnormal

  1. Der Emil sagt:

    @muldenkind@troet.cafe

    Der handelnden/denkenden Person kommt es ja auch nicht unnormal vor …

    @deremil@deremil.blogda.ch

  2. Elvira Volckmann sagt:

    Diese Auszeiten sind für die Psyche enorm wichtig! Ich hätte auch gerne so eine Bank, vielleicht am Waldrand, mit Blick über die angrenzenden Wiesen oder Felder. Oder weit oben auf einem Berggipfel, besser noch zwischen zwei Gipfeln auf einem Höhenweg. So gehabt vor vielen Jahren, völlig alleine an einem Bergsee gesessen, über die Gipfel bis ins Endlose geschaut. Diesen Augenblick absoluten Friedens habe ich seither nie wieder gefunden. Auch wenn ich jetzt ausschweife, möchte ich den Rest der Tour doch noch berichten. Unterwegs war ich mit meinen Söhnen. Mein Mann setzte uns an einer Talstation ab und wir fuhren mit dem Sessellift fast bis zum ersten Gipfel. Die Jungs hatten einen flotteren Schritt als ich drauf, sie waren das Wandern gewohnt, während mir an dem Tag mehr nach Schlendern war. Ich schlug ihnen vor, schon vorzugehen, es gab nur diesen einen Weg, der auch ungefährlich war, ins nächste Tal hinab, wo mein Mann auf uns wartete. Da die Kinder ihr Wasser bereits ausgetrunken hatten, gab ich ihnen meine Flasche mit. Ich wusste ja von einer früheren Wanderung, dass auf dem Weg einer dieser typischen Wasserbrunnen lag. An dem Bergsee machte ich eine längere Rast, es war dieser Moment des absoluten inneren Friedens. Weißt du, es war irgendwie, als wäre ich losgelöst von dieser Welt oder nein,mehr , als wäre mir bewusst geworden, dass ich ein Teil von ihr bin. In dem Moment habe ich darüber nicht gedacht und könnte auch heute nicht sagen, welche dieser beiden doch so gegensätzlichen Gefühle überwog. Vielleicht ist das auch gar nicht notwendig, wichtig war schließlich nur der Moment. Dann ging ich weiter, denn ich wollte auch nicht, dass sich die Familie Sorgen machen muss (Handys gab es noch nicht). Mittlerweile bekam ich Durst. Und dann sah ich den Brunnen – umringt von einer Kuhherde, die genüsslich daraus Wasser soff. Ich bin kein ängstlicher Typ, was allerlei Getier betrifft, aber vor so vielen Kühen hatte ich dann doch Respekt und habe einen großen Bogen um sie gemacht. Und wie das so ist, wurde der Durst natürlich schlimmer. Aber ich habe tolle Söhne (sie waren damals 13 und 17 Jahre alt), die natürlich noch voller Energie waren und mir tatsächlich mit einer vollen Wasserflasche entgegenkamen. Vielleicht sollte ich mal einen Blogbeitrag dazu schreiben, aber mir fällt das (ausschweifende) Kommentieren momentan leichter.

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