2020-092 — Ungut

Berührungen in der alltäglichen sozialen Interaktion.

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Seit es allen weniger gut geht, weiß ich, wie gut es uns, mir sonst so geht hierzulande. Beziehungsweise bemerke ich es jetzt noch immer und wieder verstärkt. Ja, genau, es geht mir gut mit Wasser, Strom, warmer Wohnung, eigenem Bad und Klopapier, Internetzugang, mit den notwendigen Medika­menten, genug zu essen usw. usf. Und doch geht es mir gerade jetzt nicht gut: Mir fehlen all die Kontakte zu Menschen, die Berührungen, die zu unserem Alltag hierzulande gehören wie das Schulterklopfen oder eine Umarmung. Ich weiß, es gibt andere Menschen, die vermissen das nicht, aus ganz unterscheidlichen Gründen. Mir aber fehlt das sehr, auch das direkte Gespräch mit mehr als einem Gegenüber. Das kann durch Video und Telefon nicht im entferntesten ersetzt werden in meinem Erleben. Das ist es, was ich an der herrschenden Situation wirklich am schlechtesten aushalten kann, diese auferlegte Verpflichtung zur physischen Isolation. Mit der verschwundenen Körperlichkeit fühle ich mich bestenfalls ungut – um das Wort »beschissen« zu vermeiden …

 

Ich schleiche mich davon und sage Danke fürs Lesen.

Der Emil

 

P.S.: Positiv waren am 01.04.2020 das weitgehende Ausbleiben von (schlechten) Aprilscherzen, eine Begegnung in der Stadt, das vervollständigte Archiv einer Magazinsendung.
 
Die Tageskarte für morgen ist der Ritter der Kelche.

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Über Der Emil

Not normal. Interested in nearly everything. Wearing black. Listening. Looking. Reading. Writing. Clochard / life artist / Lebenskünstler.
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10 Antworten zu 2020-092 — Ungut

  1. kat. sagt:

    Ja, es ist beschi??en. Das ist es sogar ziemlich. Ob es lange dauert bis es wieder dazu gehört dich einfach zu umarmen oder ob diese Distanz bleibt? Mich macht es traurig. Ich stelle mir vor danach gibt es wahre Umarmungsorgien! Wo man sich fröhlich, taumelnd vor Glück wieder umarmen darf.

  2. Xeniana sagt:

    Wird wieder besser Emil , da bin ich mir sicher.

  3. Ulli sagt:

    Ich habe gerade auch so Nachtträume … da weiß ich dann am Morgen auch immer was mir wirklich fehlt – nee, ist kein Trost, nur eben auch so 🙁 macht mich traurig.

  4. raphael sagt:

    Ja. Ich merke heute, trotz bestem Wetter und Sonnenschein, wie es sich in mir verdunkelt.
    Was mich besonders fertig macht, ist die unbestimmte Zeit, die uns in dieser „physichen Distanzierung“ noch bevorsteht.
    Ich habe den Vorteil, dass ich meine Ehefrau bei mir habe. Sie sorgt und kümmert sich, ist verlässlich und berechenbar.
    Aber es fehlt mir die körperliche Nähe zu anderen lieben Menschen, das Treffen mit meiner Liebsten.
    Da ich irgendwie als immunsuppressierter Mensch mit diversen Vorerkrankungen mehrfache Risiken trage, macht mich dieser Verzicht auf Körperlichkeit sehr mürbe.
    Und ich frage mich im Moment, ob das nicht zum eigentlichen Risiko für mich wird. Weil ich merke, wie die Melancholie mich immer mehr erfasst…
    Kommt gut durch die Zeit und fühlt Euch umarmt, wenn Ihr mögt! ❤️🍀

    Liebe Grüße
    R.

  5. frauholle52 sagt:

    Wie war es „früher“ schön und ich habe es nicht einmal bemerkt!

  6. annette sagt:

    Kann ich alles unterschreiben… Hatte vorgestern einen Termin zum Blutabnehmen – da bin ich immer schlecht gelaunt, weil vor dem Frühstück – und habe erst zu Hause bemerkt, dass ich seit mindestens drei Wochen das erste Mal wieder von einem Menschen angefasst worden bin. Wenn auch mit Handschuhen, Mundschutz und ohne jeglichen Hautkontakt… irgendwie zählt das nicht. Vermisse ebenfalls das simple Händeschütteln und die wenigen Umarmungen, die im „normalen“ Leben stattfinden! Manches geht einfach nur direkt und lässt sich nicht online „erledigen“! Sonst würde ich Dir jetzt eine Umarmung schicken!

  7. Corinna sagt:

    Das verstehe ich gut. Ich habe zwar meine Familie um mich, aber ich merke es beim Unterrichten mit Hilfe von Skype oder anderen Programmen. Die Interaktion ist einfach nicht komplett und auf Dauer deswegen auch nicht befriedigend, wenn man nicht das ganze Gegenüber sieht.

    Halte durch! Irgendwann wird es wieder anders sein.

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