Ich schaff' es nicht, Büchern zu widerstehen.
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Als ich heute zu früh beim Psychotherapeuten eintraf, mit dem ich dann ein gutes Erstgespräch hatte und probatorische Termine vereinbarte, stand vor der Apotheke ein Karton mit Büchern zum Mitnehmen. Alles war wie immer: Eines mußte mit (obwohl ich es vielleicht schoneinmal gelesen habe).
Etwas war anders, aber er wußte nicht, was.
Peter Taler stand am Fenster und hielt die Bierflasche mit zwei Fingern am Hals, damit seine Hand ihren Inhalt nicht wärmte. Als hätte er seinem Feierabendbier jemals genügend Zeit gelassen, warm zu werden. [ … ]
Taler trank einen Schluck. Von allen Getränken, die er kannte, war ihm eiskaltes Bier das liebste. Die Art, wie es sich im Mund anfühlte und wie es die Kehle hinunterlief, der Geschmack, den es zurückließ, die Behutsamkeit, mit der es seine Wirkung entfaltete – alles konkurrenzlos wunderbar. Nur den Geruch mochte er nicht. Deshalb trank er es aus der Flasche. Je enger das Gefäß, fand er, desto diskreter die Geruchsentfaltung.
Martin Suter: Die Zeit, die Zeit. S. 5; Diogenes Taschenbuch 2013
© 2012 Diogenes Verlag AG Zürich. ISBN 978-3-257-24261-4
Oh, da bekam ich Appetit. Wirklich. Obwohl ich eiskaltes Bier nicht vertrage, das gefällt meinem Verdauungssystem absolut nicht. Aber als ich das las, diese Sätze, die um den ersten Parkplatzabsatz herum stehen, da war auf einmal Durst da, Appetit auf ein Bier. Kurz vor zwölf.
Ist es nicht wunderbar, wenn geschriebene Worte so … so wirksam sind, so lebensechte Vorstellungen heraufbeschwören können, uns den Geruch, den Geschmack, das Gefühl, den Anblick in unser Denken zaubern? Wenn Dinge, die unerreichbar scheinen, plötzlich in mir sind? Und wenn ich dann sogar mit dieser geweckten Vorstellung … nun ja, zufrieden sein kann?
Ach. Es war ein guter Tag.
Ich schleiche mich davon und sage Danke für’s Lesen.
P.S.: Am 28.03.2019 waren positiv das Gespräch mit dem Psychotherapeuten, die vereinbarten Termine, ein gutes Buch u. v. m.
Die Tageskarte für morgen ist der König der Kelche.
© 2019 – Der Emil. Eigener Text unter der Creative Commons 4.0 Unported Lizenz (Namensnennung, keine kommerzielle Verwertung, keine Veränderung).
Martin Suter hat am gleichen Tag wie ich Geburtstag und seine Romane sind manchmal sehr speziell.
„Sehr speziell“ kann so vieles bedeuten …
Oh, ich liebe dieses Buch sehr. Eigentlich fast mein liebstes von Suter. Obwohl es Schwachstellen hat, finde ich die Plotidee schlicht genial.
Hoffentlich passt der Therapeut und es entwickelt sich eine gute heilsame Arbeit miteinander.
Nun, wenn er keine Chance darauf sehen würde, hätte es wohl keine probatorischen Sitzungen gegeben (und er ist der, der sich damit auskennt 😉 ) …
Suter kann`s!
Du ebenfalls, nur anders 🙂
Jetzt bin ich rotgeworden …
Danke.