Skurriler Begriff oder falsifizierbare Theorie.
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Seit Tagen schon beschäftigte ich mich mit diesem, dem mittlerweile siebten Buch über Reptilien, nein, über Schlangen. Ich habe so viel gelernt über ihre Herkunft, ihre Lebensweisen, ihre Anatomie. Faszinierend sind die Seeschlangen, die bis zu zwei Stunden und 180 m tief tauchen können; und bei allen Seeschlangen ist nur der rechte Lungenflügel vergrößert … Unnützes Wissen für viele, auch für mich. Und doch grabe ich mich immer weiter hinein in die Literatur, hole mehr und mehr und immer speziellere Bücher aus der Universitätsbibliothek. Wenn das so weitergeht, muß ich mich auch noch über zoologische Terminologie belesen. Dieser Prozeß der Häutung bei Schlangen ist ja hochinteressant. Die äußere Hautschicht, die aus abgestorbenen Zellen besteht (wie beim Menschen auch, wir verlieren ständig Haut, Schuppen z. B. auch, dieses ideale Futter für die Hausstaubmilben in meinem Bett), wächst nicht mit mit dem lebenslang wachsenden Tier. Deshalb bildet sich von Zeit zu Zeit ein Sekret zwischen der alten, äußeren, und der neuen, nachwachsenden Schicht. Das hilft beim Abstreifen der alten Haut wie ein Schmierstoff. Wie aber die Schlange unter der nicht dehnbaren Haut wachsen soll … Sie muß sich doch fühlen wie eine Preßwurst, eingeengt, eingeschnürt? Wie kann das Tier einen solchen Zustand nur aushalten, über Tage, Wochen, Monate, vielleicht sogar Jahre?
Muß ich mich auch häuten, nicht unbedingt körperlich, aber seelisch/psychisch? Wenn ich zu viel Wissen mir aneigne? Wenn mein Geist mir dadurch oder aus irgendeinem Grund oder auch ohne Grund zu klein, zu eng, zu … zu … zu altbacken oder zu “normal” geworden ist? Wenn meine Phantasie zu groß wird für mein … Egal wofür, aber ist mir nicht immer mal wieder mein Denkgebäude zu eng und ein “Anbau” an das bestehende reicht nicht aus? Dann wäre es doch wirklich ein Gebot der Psychohygiene, den Geist halbwegs regelmäßig “zu häuten”!?
Seit Tagen schon juckt es mich überall. Außßerdem fühlt sich mein Körper an, als hätte ich überall Blasen: Ich kann meine Haut in Fetzen von Armen, Beinen und Bauch ziehen. Häuten sich Schlangen auch, wenn sie abnehmen? — Ich habe inzwischen mit einem Text über die Wahrscheinlichkeiten gequantelter Zustände von Schwarzschildradien, diesem Sonderfall von Ereignishorizonten in Blasenmultiversen, begonnen. Außerdem bin ich mir sicher, daß auch die Seele nur in Quanten wachsen kann, d.h. daß die alte Begrenzung abgesprengt werden muß und sich gleichzeitig das Zuwachsquantum schlagartig manifestiert, also sich in meiner normalen psychischen Entwicklung Quantenhäutungen ereignen müssen …
Ich schleiche mich davon und sage Danke für’s Lesen.
P.S.: Das Gute am 22.03.2017 waren erfreuliche Worte, erworbenes Wissen, erblickte Kleinode.
Die Tageskarte für morgen ist V – Der Hierophant.
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(Namensnennung, keine kommerzielle Verwertung, keine Veränderung).
Es heißt ja auch, Schlangen seien während dieses Prozesses der Häutung reizbar, insofern verstehe ich die Faszination eines jeden Menschen, der dazu neigt, seine seelischen Entwicklungsprozesse darin gespiegelt zu sehen, immer mit diesem Quäntchen Hoffnung, dass es einem ein ebensolches, wenn auch nur bis zum nächsten Mal temporäres Happy End gelingen möge, etwas Altes vollkommen abstreifen um mit einer strahlend neuen Haut daraus hervorgehen zu können.
Diesen Aspekt (Altes vollkommen abstreifen usw.) hatte ich überhaupt nicht im Blick. Eher das diskontinuierliche (in „diskreten“ Sprüngen sich vollziehende) Wachstum der Seele/Psyche/Erkenntnis usw. usf.
Sehr sehr spannende Gedanken. Ich hab ja eine Schwäche für Reptilien. Und die Häutung als Metaphern mag ich ebenfalls. Danke für deine Anregungen!
Vielen Dank auch für Deine Gedanken, immer wieder.