Das 21. Türchen; die 4. Kerze: Der vierte Advent.


Waldschrat Elims kalter Morgen

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Meinen Adventskalender hier widme ich allen, die kämpfen, allen, die krank sind, allen, die Unterstützung benötigen.
 
Ich wünsche all diesen Menschen und mir eine im wahrsten Sinne des Wortes wundervolle Weihnachtszeit. Alle meine Kerzen brennen für alle, die Hoffnung brauchen.

 

 
Die fehlenden Streichhölzchen
 

Am Rande des Halltals lebt seit alten Zeiten in einem hohlen Baume ein Waldschrat namens Elim. Und dort geschah es eines Tages, den man morgen “Gestern” nennen würde, kurz vorm Julfest, daß Elim wiedereinmal viel zu früh erwachte. Gar bitterkalt war es in seinem Schlafgemach, das merkte er, als er einen Fuß unter der Decke hervorstreckte. Vor seiner Nase auf der Daunendecke und in seinem Bart hatte sich Raureif gebildet, dessen winzige Kristalle zwar lustig funkelten, doch sehr deutlich die Kälte im Zimmer zeigten. Was sollte der arme Waldschrat denn nun tun? Zum Weiterschlafen war es bereits zu hell, und Aufstehen erschien ihm auch nicht angenehm zu werden. Aber, nachdem Elim sich einige Minuten unter seiner Bettdecke hin- und hergewälzt hatte, hielt er das Liegen nicht mehr aus. Da schlug er die Bettdecke ganz zurück. Er schlüpfte in seine Pantoffel, zog einen Morgenmantel über und fror noch immer jämmerlich. Es blieb ihm nichts anderes übrig als in die Küche zu gehen und kräftig einzuheizen, wollte er es bald wärmer haben in seinem Heim.

Als erstes räumte der Waldschrat die kalte Asche aus dem Herd. Dann nahm er Papier, feine Holzspäne, schmale Holzscheitchen und ein paar kräftige Holzscheite und schichtete all das im Herd zu einem gar kunstvollen Türmchen auf. Ja, das Papier schaute weit genug darunter hervor, so daß sich das Feuerchen gewiß gut anzünden ließe. Elim griff in die Tasche seines Morgenmantels, um daraus die Zündhözer hervorzuholen. Aber da waren keine Zündhölzer, auch in der linken Tasche nicht! Dabei hatte sie Elim ganz, ganz sicher gestern Abend nach dem Anzünden der Nachtkerze in die Tasche seines Morgenmantels gesteckt, ehe er zu Bett ging. Wie jeden Abend! Der Waldschrat schlurfte zurück ins Schlafzimmer, vielleicht war die Streichholzschachtel ja nur heruntergefallen. Bei der Gelegenheit schloß Elim gleich das Fenster, es war ja kalt genug in seinem hohlen Baume. Und danach suchte er alles ab. Doch weder neben noch unter dem Nachtschrank, weder neben noch auf oder unter dem Stuhl und weder neben noch unter dem Bett fand er, was er suchte.

Zurück in der Küche ging Elim direkt zu seinem Vorratsschrank neben dem Spülbecken. Aber in der großen Packung darinnen fand sich nicht eine einzige Schachtel; nicht einmal ein einziges Zündholz fand sich mehr! Elim suchte weiter. Nicht auf, neben oder unter dem Ofen, nicht beim Heizmaterial, nicht beim Kerzenvorrat fand sich auch nur ein einziges Hölzchen. Dann ging er zum Tisch, auf dem er gestern Abend sein Frühstück für den heutigen vierten Advent vorbereitet hatte. Er suchte zwischen Spekulatius und Lebkuchen, unter den Keksen und unter dem Weihnachtsstollen. Er hob den Adventskranz mit den vier Kerzen an und suchte sogar in dessen Tannenzweigen. Nichts! Kein einziges Streichholz war zu finden! Oh wie ungemütlich ward dem Waldschrat bei dem Gedanken an einen eisekalten vierten Advent, ohne heiße Milch, ohne Feuerchen und ohne den Schein der vier Kerzen …

Was blieb dem Waldschrat denn noch übrig? Er mußte sich wohl oder übel in sein Bett verziehen, wollte er nicht vollends erfrieren. Huch, seine Bettdecke und die Matratze waren auch völlig ausgekühlt. Aber es half nichts, Elim stieg in sein Bett und verstopfte alle Zugluftlöcher mit seiner Bettdecke. Gerade war er damit fertig, da donnerte etwas gegen seine Tür. Es klang fast, als wollte jemand seinen Baum fällen, in dem er schon so lange wohnte. Da, nocheinmal donnert es! Aber hörte der Waldschrat da nicht auch eine ihm wohlbekannte Stimme? “Elim, Du Langschläfer! Hast Du vergessen, daß Du mich heute zum Adventsfrühstück eingeladen hast?” Mühsam krabbelte Elim wieder aus dem Bett, schlüpfte wieder in seinen Morgenmantel und die Pantoffel und ging bibbernd zur Tür. Noch zweimal zuckte Elim zusammen, als seine Freundin Kruziblicka gegen die Tür hämmerte.

Der Waldschrat öffnete die Tür, und die Hexe stürmte an ihm vorbei zum Ofen. “Oh, ist das kalt! Da muß ich mich erst einmal aufwärmen.” Jetzt stutzte Kruziblicka, denn der Herd war offen und kalt. Sie begann mit dem Waldschrat zu schimpfen: “Du Faulpelz, Du Geizhals, Du willst mich wohl erfrieren lassen und all die Köstlichkeiten alleine essen?” Während die Hexe Kruziblicka Luft holte und für einen Moment nicht sprechen konnte, begann Elim von seinem Mißgeschick zu berichten. Davon, daß alle seine Zündhölzer verschwunden waren. Davon, daß er selbst wohl auch jämmerlich erfrieren müsse bei dieser Kälte, ohne heiße Milch und ohne Feuerchen im Herd. “Da kann ich helfen”, sprach die Hexe und ließ eine Flamme aus ihrem Daumen hervorsteigen. Elim holte seinen Nachtleuchter aus dem Schlafgemach und zündete ihn am Daumen der Hexe an. “Das muß aber reichen”, sprach Kruziblicka und pustete die Flamme an ihrem Daumen aus. “Ich mache jetzt ein Feuerchen”, legte sie weiter fest, “und Du ziehst Dich bitte vernünftig an. Oder möchtest Du im Nachthemd mit mir frühstücken?”

Elim trollte sich und machte sich fein. Als er in die Küche zurückkam, loderte im Herd ein lustiges Feuerchen. Die Kerzen auf dem Adventskranz brannten alle vier und in einem Topf dampfte bereits die Milch. “Wie gut, meine Liebe”, sprach da der Waldschrat Elim zu seiner besten Freundin Kruziblicka, “daß wenigstens Du nicht so vergeßlich bist wie ich.” Sie schmunzelten beide, setzten sich beide mit einer Tasse heißer Milch an den Tisch und begannen den vierten Advent mit einem vorzüglichen Fuhstück aus Lebkuchen, Keksen und Weihnachststollen. Beide knabberten zum Schluß noch einen Spekulatius und schwatzten und kicherten dabei. “Weißt Du, mein lieber Elim, was ich der Elbin Lidschlag zum Julfest zu schenken gedenke?”

Wir wollen das besser nicht wissen und lassen die beiden in diesem alten hohlen Baum am Rande des Hall-Tals ihr Frühstück alleine beenden. Und wer weiß, vielleicht schenkt die Hexe dem Waldschrat ja eine nie verlöschende Kerze zum Julfest?

 

 

Wer alle Waldschrat-Geschichten lesen mag, sucht bitte nach “Waldschrat” hier im Blog…

 

Der Emil

Der Verfasser des Blogs schleicht davon und dankt für’s Lesen.

P.S.: Positiv am 20. Dezember 2014 war der ruhige Abend.
 
Tageskarte 2014-12-21: Das As der Stäbe.

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Über Der Emil

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0 Antworten zu Das 21. Türchen; die 4. Kerze: Der vierte Advent.

  1. S. Meerbothe sagt:

    Sehr schön. Danke. Schmunzelnd einen vierten Advent wünschend winkt,
    die Silvia

  2. sugar4all sagt:

    Wie sehr ich Waldschraten doch mag….danke für diese Geschichte!

  3. Danke für die schöne Geschichte! 🙂

  4. Sofasophia sagt:

    herzig, herrlich, magisch … so möcht ich auch feuern können!

  5. Bruder Indiana sagt:

    Es gibt nichts schöneres als die Farbe rot und ein lustig Feuerchen

  6. Gabi sagt:

    Ich mag den Waldschrat. 🙂

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