2025 – 011: Ungewohnt

Ob die Figur dazu dient, mich mit mir selbst zu beschäftigen?

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Ich klappe das Buch zu. Ein bißchen verärgert, aber nicht wütend. Aber so, wie das Leben darin beschrieben wird, war es nie. Für mich nie. Ich fühlte mich nicht gegängelt, nicht bespitzelt oder einge­sperrt. Obwohl das ja nach heutiger herrschender Meinung allen damals so gegangen sein muß – eine Abweichung davon war nie und unter keinen Umständen möglich.

Also ich habe da andere Erfahrungen gemacht. Meine ersten Bezie­hungen waren nicht „gesellschaftlich” organisiert, ich fühlte mich diesbezüglich immer frei in meinen Entscheidungen und Gefühlen. Und das, was dann innerhalb der Beziehungen geschah, entsprach auch nur zu einem sehr kleinen Teil dem Normalen. Das war auch in ganz vielen anderen Bereichen meines Lebens so.

War ich denn wirklich der einzige Mensch, der so anders als dar­ge­stellt lebte? Und woher hat die Person, die dieses Buch schrieb, die Informationen über „unser” Leben? Selbst kann das nicht erlebt worden sein, da paßt schon das Alter nicht. Aber wo kommt das vermeintliche Wissen her? Ja, es ist Belletristik, die ich lese, es ist kein Geschichtsbuch, keine historische Wissenschaft. Dennoch fühlt es sich für mich so an, als wäre die künstlerische Freiheit zumindest etwas zu weit aufgefaßt worden. Dabei könnte ich das auch als reine Phantasie ansehen, wenn, ja, wenn ich die vermutlich beschriebene Zeit und das vermutlich beschriebene Leben nicht völlig anders erlebt und wahrgenommen hätte.

Zumindest ist dieser Blick auf etwas mir Geschehenes vermeintlich … Ja, worauf denn? Ich lese nichts anderes als einen ausge­dach­ten, zutiefst persönlichen Blick auf nichterlebte Vorgänge, auf einfach erfundene Gegebenheiten. Da ist keinerlei Anspruch auf Wahrheit in diesem Buch. Wieso rege ich mich dann so auf darüber? Ja, solches zu lesen ist ungewohnt, und vor allem empfinde ich es als unangemessen, daß sich da jemand erdreistet. Doch das ist ja nicht wahr. Es erdreistet sich niemand. Ich reagiere nur ungewöhnlich heftig angefaßt, sonderbar auf das, was ich lese.

Ich greife zum vorhin gerade beiseitegelegten Buch, schlage die erste Seite auf und beginne es erneut zu lesen, so, wie ich wohl ein utopisches (SciFi) oder surreal magisches (Mystery), ein rein fiktives Buch lesen würde.

 

 

(Anmerkung: Nein nein, ich habe kein solches Buch. Aber ich habe diese Figur, die mit einem Buch beim ersten Versuch, es zu lesen, ganz einfach nichts anzufangen weiß. Ich versuche, hinter die Verwirrung, die Irritation zu schauen (ja, es gibt mehr Text, der noch nicht herzeigbar ist). Es kann sein, daß ich mithilfe dieser Figur auch über mein Erleben, über mein Leben nachzudenken versuche. Sicher bin ich mir dessen nicht. Wohin sich das Ganze entwickeln wird, weiß ich nicht. Aber ich bin neugierig darauf.)

 

Heute weggegeben bzw. entsorgt:
Ich brachte einige Bücher in ein öffentliches Bücherregal (und nahm eines mit nach Hause).

 

Mit einem Danke fürs Lesen schleiche ich mich davon.

Der Emil

 

P.S.: Am 11. Januar 2025 war ich zufrieden mit Chili con Carne, mit den niedergeschriebenen Gedanken, mit dem Unterwegssein in der Stadt.


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Über Der Emil

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