Tagebuch A: Montag, 17. Januar.
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Eine neue Woche. Ich weiß nicht, was sie bringen wird. Termine stehen nicht in meinem Kalender, nur zwei Geburtstage, bei denen ich nicht weiß, ob ich noch als Gratulant erwünscht bin. Mich wunderte, daß ich Hunger hatte, richtig Hunger, und zum Kaffee heute drei Scheiben Toast gegessen habe. So ganz gehenlassen konnte ich mich heute vormittag auch nicht. In einem Haushalt gibt es doch immer etwas zu tun: Abwasch, die eine oder andere Ecke aufräumen, alten Kram aussortieren. Ich war lange überhaupt nicht in der Lage, irgendetwas wegzuwerfen oder wegzugeben. Muß das aber irgendwann tun, es ist zu viel Krempel in meinen Schränken, der da raus muß. Wenn ich in dem Tempo weitermache, in dem ich heute begann – ein halbes Schrankfach habe ich mir angesehen, während ich das Zeug in eine Kiste legte – dann brauche ich verdammt lange dazu. Nun, es steht jetzt eine Kiste in meinem Zimmer, eine mehr als bisher. Und was drin ist, muß aussortiert werden.
Dann aber saß ich erstmal an einem Text, hatte mich einmal mehr daran versucht, auch aus dem einiges Überflüssiges zu „entsorgen”, also einiges zu streichen und die Erzählung damit weiter zu verdichten. Meine Fresse, wie schwer es sein kann, die eigenen Worte und Sätze zu verändern. Was für ein Glück, daß ich nicht schweiße oder tischlere. Ich kann wenigstens etwas an dem von mir Geschriebenen ändern, immer und immer wieder. Handwerkern sind da viel mehr Grenzen gesetzt. Oder Chirurgen! Also heißt es für mich, ab sofort nicht immer nur auf die Schwierigkeiten der Überarbeitung zu schauen, sondern mich freuen darüber, daß Überarbeiten so leicht ausführbar und sozusagen unbeschränkt möglich ist. Ob jemand, der immer nur von anderen Menschen Geschaffenes reparieren und überarbeiten muß und nichts Eigenes schaffen darf, ob so jemand tatsächlich mit den Ergebnissen seiner Arbeit zufriedensein kann? Hm, Autoschlosser zum Beispiel, die können das bestimmt. (Nein, ich denke jetzt nicht an Finanzbeamte, ganz sicher nicht!)
Lesezeit. Ich will ja täglich eine Stunde am Stück lesen. Ohne Unterbrechung. Heute aber … Drei verschiedene Bücher, und in keines fand ich mich hinein. Wieso nur? Ich war auch nicht in der Lage, mir ein anderes Buch herzunehmen, war viel zu unentschlossen, konnte mich einfach nicht entscheiden. Vielleicht hätte ich heute in einem Lexikon blättern sollen – aber ich besitze kein Lexikon mehr. Wieso eigentlich nicht? Wo habe ich meines aus der alten Zeit zurückgelassen? Rätselhaft.
Beinahe hätte ich heute das Abendessen vergessen, weil ich grübelnd am Tisch saß. Sie fehlt mir eben doch sehr. Und ich habe die ganze Zeit, die ganze bisherige „Auszeit” noch nichts von ihr gehört. Unschön für mich, sehr unschön. Und am meisten fehlt mir der Hautkontakt.
Mit diesem Text wird das geerbte Tagebuch fortgesetzt. Alle Teile der Erbkladden-Serie sind in diesem Link in umgekehrter zeitlicher Reihenfolge (neueste zuerst) zu finden. Über eines der Notizbücher erzählte ich ja schon vor langer Zeit, im November 2012. Ich tippe die kleinen blauen lateinischen Buchstaben ab, immer mal wieder. Erst jetzt nämlich darf ich abschreiben aus den „von einem Freund geerbten” Kladden mit dieser winzigen Schrift.
Ich schleiche mich davon und sage Danke fürs Lesen.
P.S.: Am 18. Oktober 2023 war ich zufrieden mit weiteren 15 aussortierten Büchern (noch liegen sie im Flur), mit Pasta Carbonara, mit weiteren konvertierten Bilddateien.
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