Man könnte es ein Lebens-Resümee nennen.
1972, eine ganz frische Schallplatte trägt den Titel „Sieben Lieder” – vier gibt es auf der A-Seite zu hören, drei auf der B-Seite. Die kannte ich nicht, diese Schallplatte, die konnte ich auch nicht kaufen, und im Radio wurden die Lieder wahrscheinlich auch nicht oft gespielt, damals. Und ganz ehrlich: Zu solcher Musik hatte ich im Alter von neun Jahren noch keinen Bezug. Ich kann mich auch nicht wirklich daran erinnern, wann ich dieses eine Lied zum ersten Mal hörte. Aber noch heute kenne ich drei Lieder von dieser Schallplatte, könnte sie wahrscheilich auch noch auf einer Gitarre klimpern …
Irgendwann nach 1980 dann wird es gewesen sein, das erste bewußte Hören. Dann wurden „Heute hier, morgen dort”, „Rohr im Wind”, „Schon so lang” und auch „Es ist an der Zeit” sogar auf der Stube in der Kaserne (NVA, 1982–1985) gespielt und gesungen. Das war nicht immer gern gesehen und gehört, war Hannes Wader doch „einer aus dem Westen”. Aber ein progressiver Künstler, der auch auf den Festivals des Politischen Liedes in Berlin, Hauptstadt der DDR, und in anderen Orten dieses Landes auftreten durfte. Und er war ja auch Mitglied der DKP, das konnte man schon gelten lassen.
Auch seine Volkslieder, auch die auf Platt gesungenen, mag ich sehr. Und wenn ich die Texte der Lieder lese, habe ich seine unverwechselbare Stimme im Ohr:
Schon so lang
(Hannes Wader ∗ 1942)
Bin auf meinem Weg, / Schon so lang.
Zerschlagen und träg, / Schon so lang.
Bin müde und leer,
Will nach Süden ans Meer.
Bin auf meinem Weg ohne Wiederkehr,
Schon so lang.
Seh die Kriege, die Not, / Schon so lang.
Ruinen und Tod, / Schon so lang.
Seh die Tränen, die Wut,
Seh die Wunden, das Blut.
Erwürgt und verfault, was stark war und gut,
Schon so lang.
Seh die Welt oft im Traum, / Schon so lang.
Als Pilzwolkenbaum, / Schon so lang.
Euch ihr Herren der Welt,
Eure Lügen, den Mord
an Millionen, die glauben an euer Wort.
Schon zu lang.
Nicht nur Greuel geschehn, / Schon so lang.
Hab die Liebe gesehn, / Schon so lang.
Seh die Hoffnung, den Mut,
Seh den Glauben, die Glut,
Und was sich in Gesichtern von Kindern tut.
Schon so lang
Bin auf meinem Weg, / Schon so lang.
Zerschlagen und träg, / Schon so lang.
Bin müde und leer,
Will nach Süden ans Meer.
Bin auf meinem Weg ohne Wiederkehr,
Schon so lang.
Schon so lang.
Irgendwann hatte ich das Lied auf Kassette aufgenommen und mir den Text „herausgeschrieben” (damals gab es noch längst kein Internet). Ich habe nachgesehen: Im FDJ-Liederbuch von 1985 findet sich „Es ist an der Zeit”, „Schon so lang” finde ich in den vorhandenen Liederbüchern nicht, nur in der selbstgeschriebenen Form (ich hab im Netz nachgesehen, der Text ist wohl richtig, und er findet sich bei mir zwischen einem Lied der Beatles und einem von Wishfull Thinking.)
Zeitlos im besten Sinne, dieses 53 Jahre alte Lied (und nicht nur dieses von Hannes Wader), nicht wahr? Vier Alben hab ich von ihm, die liefen heute zweimal durch …
Ich verlinke hier kein Datensammler-Video, aber zu finden sind alle genannten Titel im WWW.
Erinnerung des Tages:
Oh weh: 1984 und 1985 war ich beim Singeklub-Wettstreit der 4. MSD als Sänger und Klampfer dabei.
Mit einem Danke fürs Lesen schleiche ich mich davon.
P.S.: Am 18. November 2025 war ich zufrieden mit ziemlich alter Musik, mit vielen Ideen, mit der Brille mit verschobenem Zentrierpunkt (angepaßt an meine normale Kopfhaltung).
© 2025 – Der Emil. Eigener Text unter der Creative Commons 4.0 Unported Lizenz
(Namensnennung, keine kommerzielle Verwertung, keine Veränderung).


Mein liebstes Lied von Hannes Wader ist Min Jehann. Wir haben es in unserer Folk Band immer gern gespielt!
Schön, deine Erinnerung an Hannes Wader und seine Lieder!