Es kommt etwas auf, das ich Neugier nennen könnte.
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Ein Buch. Eines von denen, die hier angelesen liegen und demnächst gelesen werden. Natürlich aus einem der »öffentlichen Bücherschränke«, aus der gelben Telefonzelle am Markt in HaNeu. Angelesen, weil ich nach den ersten vier Seiten entschied, daß es kein Buch gewesen sei für die Weihnachtszeit. Da brauchte ich nicht »schwarzen Humor und das bitterböse Spiel mit der männlichen Urangst vor weiblicher Selbständigkeit« (Zitat aus dem Stern im Rückentext). Wobei ich mich frage, ob das wirklich eine männliche Urangst sein kann, die da angesprochen wird, oder ob das eine Angst ist, die erst mit dem Beginn der modernen kapitalistischen Ordnung sich herausbildete, erst mit der weit überhöhten Bedeutung der Konkurrenz der Menschen gegeneinander eingepflegt wurde in das Verhältnis zwischen Mann und Frau. (Für so rückständig, wie es immer dargestellt wird, hielt ich das Mittelalter nie …). Und die Benennung als »Urangst« nur ein marktschreierischer Trick der Journaille gewesen sein soll.
Das Leben von Frauen über 70, im letzten Lebensdrittel soll zu erlesen sein aus oder in diesem Buch. Ich werde es sehen. Aber heute, heute habe ich daraus nur drei Sätze aus dem zweiten Absatz der ersten Text-Seite:
Und wenn es mir schon schwerfällt, meine diversen Alterserscheinungen gelassen hinzunehmen, so trifft mich der Verlust meines Tempos am härtesten. Meine Tage sind zu kurz, um alles zu erledigen, was ich mir vorgenommen habe. Meine Lebenszeit reicht nicht mehr aus, um alle Bücher zu lesen, die in der Warteschleife liegen, um eine neue Sprache zu lernen oder um alle Leichen im Keller zu entsorgen.
Ingrid Noll: Ladylike. S. 5. Veröffentlicht als Diogenes Taschenbuch 2007
© 2006 Diogenes Verlag AG, Zürich. ISBN 978-3-257-23596-8
Vielleicht waren es auch diese drei Sätze, die mich unterbewußt davon abhielten, dieses Buch komplett zu lesen. Stecke ich doch gerade in einer Zeit fest, da diese drei Sätze auch von mir stammen könnten. Wie von so vielen Menschen. Bedingt durch äußere Beschränkungen und beginnende Verzweiflung ob des unfähigen Umgangs mit Notwendigem, ob fehlender Einsicht und Mutlosigkeit. Noch aber liegen zwei andere Bücher hier, in denen ich jeweils weniger als 100 Seiten zu lesen habe. Danach wird Ladylike von Ingrid Noll erneut zur Hand genommen, diesmal von Seite fünf bis Seite 324. Denn: Auch schon die ersten vier Seiten bleiben nicht in dieser Endzeitstimmung. Ich hoffe also auf ein aufmunterndes, recht lockeres Lesevergnügen.
Ich schleiche mich davon und sage Danke fürs Lesen.
P.S.: Am 03.03.2021 waren positiv etwas erledigter Haushalt, ein (im papiernen Kalender) festgehaltener Plan, zum Weggeben aussortiertes Glas und Porzellan.
Die Tageskarte für morgen ist die Acht der Stäbe.
© 2021 – Der Emil. Text unter der Creative Commons 4.0 Unported Lizenz (Namensnennung, keine kommerzielle Verwertung, keine Veränderung).
Noll war mal eine Lieblingsautorin, sie hat den ‚Frauenkrimi’ quasi neu erfunden in den Neunzigern. Aber irgendwann wurde mir langweilig. Wenn es aber dein erstes von ihr ist, kann ich mir vorstellen und wünsch ich dir, dass es ein spannendes Leseerlebnis wird.
Das Zitat könnte gefühlt auch von mir sein.
Och, das erste ist es nicht. Aber ab und zu darf es auch so ein Buch sein …
Sie sind gut, keine Frage (nur ist da halt eine Art Wiederholungseffekt nach dem 5. Buch).
Und klar darf es so ein Buch sein!
Ich lese fast nur (gute) Bücher zwecks Unterstützung. Schwieriges lesen wir ja eh schon genug.
Unterhaltung nicht Unterstützung … tse.
Mich berührte das Buch von Doris Lessing „Und wieder die Liebe“. Das Buch versteht mit Sicherheit nur der, der ein gewisses Alter erreicht hat. Im Netz habe ich eine Kritik gefunden, die genau mein Empfinden widerspiegelt: https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/27322-doris-lessing-und-wieder-die-liebe/
Das hatte ich auch schon gelesen (drei, glaub ich, insgesamt von Doris Lessing). Und ja, ich gebe zu, manchmal ist es für meinen doch männlichen Kopf schwierig, sich in Weibliches hineinzufinden …
Mir ist aus diesem Buch, das sich leider nicht mehr in meinem Besitz befindet, eine Stelle hängengeblieben. Die betagte Protagonistin fährt Bahn und sitzt in einer Bahn einer jungen Frau gegenüber. Die Blicke treffen sich und die alte Frau denkt sinngemäß, dass ihr Gegenüber nur einen welkenden Körper sieht, aber nicht den jungen Menschen, der immer noch darin lebt. Egal mit wem ich über das Altern spreche, bisher sagen mir alle, dass ihr Äußeres nicht mit ihrem Inneren übereinstimmt. Und alle, mich eingeschlossen, geraten mitunter in Panik, weil wir wissen, was es alles für uns nicht mehr geben wird, welche Ziele nicht mehr erreichbar sind. Vielleicht kommt die Weisheit und Abgeklärtheit erst, wenn wir noch älter sind?
Liebe Grüße!