162–2024: Niederlagen

Das kann ich nicht ohne Widerspruch stehenlassen.

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»Einer Autobiografie ist nur zu trauen, wenn sie etwas Schändliches enthält. Ein Mann, der eine gute Darstellung seiner selbst präsen­tiert, lügt wahrscheinlich, denn jedes Leben, von innen betrachtet, ist einfach eine Serie von Niederlagen.«

George Orwell

 

 

Als ich das heute mittag las (auf einem Zettel aus einem meiner Haufen), wußte ich nicht, ob ich nicken oder den Kopf schütteln sollte. Wenn – wenn! – ausschließlich Gutes in einer solchen Autobiografie zu lesen ist, dann wird darin wahrscheinlich durch Weglassen gelogen. (Ach, wie ist das denn in den für Bewerbungen üblichen Lebensläufen?) Außerdem ist das doch mit Sicherheit nicht nur bei Männern so, oder? Und in einem muß ich George Orwell widersprechen: Nicht jedes Leben – meines zum Beispiel – ist „einfach eine Serie von Niederlagen”, nein, da äußert sich der Zitierte zu pessimistisch, zu fatalistisch.

Ja, natürlich, Niederlagen gehören auch zu meinem Leben dazu. Doch da waren und sind auch viele positive Momente und Zeiten, an die ich mich mit Hilfe meiner Notizen erinnern kann. Große und kleine Höhepunkte. Und es gab Tage, Wochen und Monate, in denen weder das eine noch das andere von mir besonders ausgeprägt erlebt wurde, in denen das Leben einfach so dahinfloß.

Und ja, ich nenne am Ende meiner Texte positive Erlebnisse, Geschehnisse und Dinge, die mich zufrieden machten. Die Niederlagen des Tages, so ich denn welche erlebte, zähle ich nicht auf – wozu auch, davon erleben zu viele Menschen meiner Meinung nach mehr als genug.

„Serie von Niederlagen“. Nein. Nein, das ist mein Leben trotz aller erlittenen Nieder­lagen nicht, nie gewesen. Und egal, wie schlimm die alle für mich waren: Noch habe ich es immer geschafft weiterzuleben, weiterzumachen, Hoffnung zu schöpfen und Muße und Genuß und Zufriedenheit zu finden. In meinem Leben.

Ich erinnere mich beim Nachdenken über Orwells Sätze auch an den vollkommen verregneten Urlaub, den so viele erleben, wenn nach zwei Wochen schönsten Wetters nur am letzten Tag Regen fällt …

 

Erinnerung des Tages:
Heute erinnerte ich mich an einen Wunsch von vor 13 Jahren: Ich wünschte mir damals einen Geldbeutel, aus dem ich pro Stunde 10 oder 20 € ziehen kann (erschwerende Bedingung: die ich dann auch in dieser Stunde ausgeben muß) … Ich hätte den noch immer gern.

 

Mit einem Danke fürs Lesen schleiche ich mich davon.

Der Emil

 

P.S.: Zufrieden war ich am 10. Juni 2024 mit dem Unterwegssein in der Stadt, mit einem Nicht-Kauf, mit entfehlerten Blogbeiträgen.

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Über Der Emil

Not normal. Interested in nearly everything. Wearing black. Listening. Looking. Reading. Writing. Clochard / life artist / Lebenskünstler.
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4 Antworten zu 162–2024: Niederlagen

  1. Flusskiesel sagt:

    Nun, das waren halt andere Zeiten damals: Orwell ging wohl davon aus, dass nur Männer Autobiographien schreiben (lassen). 🙂

    Auch die Sache mit den Niederlagen lässt sich vielleicht mit Orwells Leben erklären, denn er hat ja eine Reihe davon mitmachen müssen. Sein Engagement in Spanien zum Beispiel. Aber es ist schon bezeichnend, wenn negative Dinge schnell als ,,Niederlage“ empfunden werden, so als ob es ein verlorener Kampf war. Sehr ichbezogene Menschen denken meiner Meinung nach so. Die empfinden auch einen unangenehmen Regenguss als persönlichen Angriff auf sich selbst.

    Zum Glück müssen wir bei Bewerbungen keine Autobiographie abliefern und können Dinge weglassen, die uns nicht so sehr schmeichelhaft erscheinen … 😉

  2. Elvira Volckmann sagt:

    Ich denke auch, dass die meisten Leben wie ein Bach sind, die meiste Zeit plätschert es so dahin, schwappt über kleine Steine hinweg bis irgendwann große seinen Lauf behindern. Dann muss das Wasser sich neue Wege bahnen. Vielleicht gibt es irgendwo einen Stau, geht nicht weiter, bis sich dann doch wieder ein Schlupfloch findet und die aufgestaute Kraft des Wassers das Hindernis hinwegspült. Ich weiß, das ist gerade kein gutes Beispiel nach den Flutkatastrophen, aber diesen Vergleich habe ich schon oft gezogen.
    Übrigens musste ich ein Wort deines heutigen Beitrages öfter lesen, bis ich es verstand: Entfehlert.

    • Der Emil sagt:

      Manchmal, wenn ich nur Schreibfehler (Rechtschreibung und Zeiten) berichtige, widerstrebt mir die Nutzung des Wortes Korrekur – und „berichtigt” fiel mir sonderbarerweise nicht ein …

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