130–2024: Feiertag

So habe ich ihn heute begangen.

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Soso, Feiertag war/ist heute. Christi Himmelfahrt, der Tag, der fast überall nur noch Vatertag genannt wird. Wenn den nur noch feiern dürfte, wer den Anlaß und die genaue zeitliche Festlegung … Ach nee, nicht darüber nachdenken.

Mein Tag war nicht anders als die meisten meiner Tage. Den Bollerwagen- und Kastenschleppern bin ich aus dem Weg gegangen. Ich kümmerte mich um Kram und Krempel, will ja den Schreibtisch irgendwann, möglichst bald leer­ge­räumt haben. Dann kann ich den weggeben und Zwergenbein erhält seinen Platz. Deswegen geh ich morgen auch wieder zu einem Öffentlichen Bücherschrank und stelle dort den Inhalt eines Pakets hinein. Bleiben unterm Schreibtisch jetzt nur noch vier weitere Kartons voller Bücher. Die Ministereoanlage, die weitgehend unbenutzt auf dem Schreibtisch stand, bekam einen Zettel: „Funktioniert. Zu verschenken.” Eine halbe Stunde, nachdem ich sie unten bei den Briefkästen abgestellt hatte, war sie schon verschwunden; ich hoffe, an der hat jemand noch eine ganze Zeit Freude. Und alte Schwarzweißfotos hab ich gescannt – nun überleg ich, ob ich die Positive weiter aufhebe oder mich mit den Digitalisaten zufriedengebe. Da ist eines dabei, auf dem ich mit meinem Raketendreirad zu sehen bin, und eines, wie ich auf dem Heuwagen sitzend die Zügel von Opas Pferd halte. Und was mache ich mit den Abzügen, auf denen die schon längst verstorbene Verwandtschaft zu sehen ist? Und mit den Bildern von meinen Hochzeiten?

Etwas einfacher fiel es mir, meine auf dem Schreibtisch gehorteten Stifte auszu­sor­tieren: All die, die nicht mehr schreiben, also etwas mehr als die Hälfte, habe ich (mit einem Anflug von schlechtem Gewissen) in den Müll gegeben.

Ich habe viel zu viele Dinge, an denen Erinnerungen hängen. Und ich habe Angst, daß mit den Dingen, wenn ich sie weggebe, auch die Erinnerungen verschwinden. Dann steht hier auch noch eine besondere Uhr: Mein Cousin fertigte aus einfachen elektrischen Uhrwerken und Eisenbahnschienen ziemlich schwergewichtige Zeiteisen an. Die, die jetzt (noch) bei mir steht, kam vor über 40 Jahren aus dem Westerwald zu meinen Eltern in die DDR. Wenn ich die irgendwann irgendwie irgendwo freilasse: Was geschieht mit ihr? Sie wird für niemanden jemals diese Bedeutung haben, die sie für mich hat … Doch es hilft wohl alles nichts, ich muß mich früher oder später auch von dieser Uhr trennen (nein, noch nicht in diesem Jahr) und von noch viel mehr Dingen, die in der Schrankwand aufbewahrt werden.

 

Erinnerung des Tages:
Beim Betrachten der alten Fotos versuchte ich, die Namen aller abgebildeten Menschen mir ins Gedächtnis zu rufen – es gelang mir für etwa die Hälfte. Aber die Adresse meines Cousins weiß ich noch.

 

Mit einem Danke fürs Lesen schleiche ich mich davon.

Der Emil

 

P.S.: Zufrieden war ich am 9. Mai 2024 mit meinem Mut zum Weggeben, mit mehr Platz auf dem Schreibtisch, mit niedergeschriebenen Erinnerungen.

© 2024 – Der Emil. Text unter der Creative Commons 4.0 Unported Lizenz
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Über Der Emil

Not normal. Interested in nearly everything. Wearing black. Listening. Looking. Reading. Writing. Clochard / life artist / Lebenskünstler.
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3 Antworten zu 130–2024: Feiertag

  1. Pit sagt:

    Die „ueblichen“ Vatertagsfeiern konnte ich nie leiden.

  2. Elvira Volckmann sagt:

    Ich kann hier natürlich immer nur für mich sprechen, und meine Gedanken dazu sind darum meinen persönlichen Erfahrungen geschuldet. In meiner Wohnung stehen in und auf Schränken und Regalen sehr viele Dinge, die keinen wirklichen Zweck erfüllen. Manche sind einfach nur Deko, andere wiederum mit vielen Erinnerungen behaftet. Dennoch ist es bei mir aufgeräumt, und diese Dinge werden auch hin und wieder bewegt. Im Wohnzimmer steht eine 4m lange und knapp 2,5m hohe Regalwand. Die Kombination aus Büchern und diesen Dingen schaue ich einfach gerne an. Daher graust es mich daran zu denken, eines Tages umziehen zu müssen und mich von etlichen dieser Dinge zu trennen. Dann denke ich aber manchmal daran, was wäre, wenn ich in einem Land leben würde, das gerade einen Krieg erlebt. Wenn plötzlich nichts von all diesen Büchern, Fotos, Keramiken, Bildern, Schallplatten u.ä. mehr da wäre. Wie sind unsere Großeltern damit umgegangen? Meine waren ausgebombt, ihnen blieb nur sehr wenig übrig. Wie geht es den Menschen, die sich genau überlegen müssen, was sie auf ihrer Flucht mitnehmen können? Und nein, diese Gedanken helfen mir nicht um mich von den Dingen zu trennen (würden es mir aber wohl erleichtern), aber sie lassen mich diesen „Reichtum“ wieder mehr schätzen. Das Staubwedeln verliert dann kurzfristig seine Lästigkeit, ich sehe die Dinge dann an und nehme sie wieder anders wahr. Sollte irgendwann das lästige Gefühl überwiegen, werde ich wohl oder übel über darüber nachdenken müssen, mich von dem einen oder anderen Stück zu trennen.
    Übrigens mache ich das auch wie du: Letztens habe ich einen Sonnenschirm, einen Einkaufstrolly und einige andere Sachen aus dem Keller mit einem Zettel „Zum Mitnehmen“ in den Hausflur gestellt. Bis auf einen Fahrradkorb war alles schnell weg.

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