Was ich heute nicht nur las, sondern was mir auch eine Ahnung verschaffte.
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«Je älter ich werde, um so mehr werde ich mir der inneren Intensität des Lebens bewußt. Früher lag sie in der Berührung, begann mit der Annäherung, verkörperte sich in den greifbaren Dingen, hatte Gestalt, Farbe, Form. Heute läßt man sich von der Welt nicht mehr so schnell einfangen, da ist alles etwas ruhiger geworden, die Leidenschaften haben sich verloren, die Stille macht das Leben intensiver, und plötzlich erkennt man, daß im Grunde das Denken die Intensität des Lebens ausmacht, man sieht, wie es durch den Menschen hindurchgeht, dauert, pulsiert …»
Hanns Cibulka: Swantow. Die Aufzeichnungen des Andreas Flemming. S. 142 f.
© Mitteldeutscher Verlag Halle-Leipzig · 1982
Lizenz-Nr. 444-300/28/82 · 7001 Best.-Nr.: 638 9146
Nicht zum ersten Mal zitiere ich Hanns Cibulka aus diesem Buch. Ich lese ja auch immer wieder darin. Diese Sätze finden sich am Ende des tagebuchartigen Werkes, gehören für mich zum beginnenden Herbst. Und auch zum beginnenden Herbst des meines Lebens. Die «innere Intensität des Lebens» fehlte mir sogar eine längere Zeit, ehe ich mit einer Therapie an meiner Gesundung arbeitete (die noch lange nicht abgeschlossen ist, die Gesundung). Und es stimmt: Die Intensität wurde in jüngeren Jahren auch bei mir in Berührungen deutlich, in der Häufigkeit der Berührungen sogar. Mittlerweile bin ich auch der Meinung, daß das Denken das innere Leben ausmacht, Das Denken. Die Phantasie, die Träume, selbst die Gefühle – all das würde ohne das Denken nicht zu meinem Leben gehören, hätten nie dazugehört. Ich habe auch schon die Erfahrung gemacht, daß mein Leben von mir selbst als intensiver wahrgenommen wird, wenn ich in der Stille bin und bleibe. Stille ist für mich nicht das Fehlen von Geräuschen, sondern das Fehlen von menschgemachten Geräuschen. In einem Wald herrscht nie absolute Stille, und dennoch: Ich höre die Stille des Waldes, empfinde sie als wohltuend.
Eines ist bei mir im Jetzt anders als bei Andreas Flemming um 1980 herum: Ich lasse mich doch schneller einfangen von der Welt, von der virtuellen, digitalen, von der Welt des Internets vor allem. Daraus sind aber auch Veränderungen meines realen Lebens entstanden, ich habe Freunde gefunden, kann mich bei meiner Arbeit an alten Handschriften dessen bedienen; und ja, auch meine Bloggerei ist nur möglich im Internet. Ich weiß nicht, ob ich jemals hätte auch nur einen Text veröffentlichen können, wenn das nur offline möglich gewesen wäre.
Ich ahne etwas, das hinter den Sätzen steht, auch wenn ich es nicht konkret genug ausdrücken kann: Für mich klingt darin auch eine Aufforderung mit, nicht so sehr mit den Erscheinungen des Alterns und des Alters zu hadern. Mich durchaus mehr als bisher meinem Inneren zuzuwenden, gut auf mein Inneres zu achten. Und vor allem weiter zu denken und weiterzudenken. All das irgendwie, aber anders als es sich hier liest …
Heute weggegeben bzw. entsorgt:
Einen eine Handbreite hohen Stapel alter Zeitschriften zum Altpapier degradiert.
Mit einem Danke fürs Lesen schleiche ich mich davon.
P.S.: Zufrieden war ich am 18. Februar 2024 mit Gelesenem, mit Geschriebenem, mit grünem Salat.
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Die „innere Intensität“ steigert sich. Genau. Das ist ein Gutes daran!
Gruß von Sonja