Wenn das Motiv so fasziniert, daß ich darüber das Fotografieren „vergesse”.
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Ich war in der Nähe der Ententeiche unterwegs und wollte ein wenig fotografieren. Ich hockte mich hier nieder, ging da auf die Knie, fand in dreißg Minuten aber nichts, das mir wirklich ein Foto wert war. Dann vergaß ich meine Kamera über dem, was ich zunächst nur aus dem Augenwinkel wahrnahm:
Langsam bog sich ein Grashalm zur Seite, den anderen Halmen auf dem Stück Wiese entgegen. Eine Raupe kletterte weiter hinauf. Dann hielt sie inne an dem nächsten zur Seite herauswachsenden Blatt. Eine Raupe, so spät noch im Jahr, Mitte September? Über dieses Blatt vom Gras kroch das Tier weiter. Auch das Blatt neigte sich weiter, immer tiefer. Schließlich blieb es an einer Brennessel hängen. Und ich sah der Raupe zu, wie sie hinüberkroch auf die Brennessel. Weiter passierte in den nächsten fünfundzwanzig Minuten nichts.
Also stand ich auf, das Tier noch vor Augen. Wohl wissend, daß es nur – aber was heißt hier schon nur – eine Vorstufe zum endgültigen Lebewesen ist. Aber zu welchem Falter oder Schmetterling wird es und vor allem wann? Wie ich sagte: Das Fotografieren hatte ich vergessen. Die schwarze Raupe mit Haaren (aber keinem Pelz) und vielen kleinen weißen Punkten war schnell zu finden. Es sind zwei mögliche Schmetterlinge oder Falter, zu denen sie sich verwandeln könnte, und beide verpuppen sich an Brennesseln. Ob sie das auch jetzt, Mitte September noch tun, fand ich nicht heraus. Vielleicht schlüpft in einigen Tagen dort ein Tagpfauenauge oder ein Landkärtchen, wobei ich wegen der sonnigen Lage des Ortes eher ein Tagpfauenauge vermute.
Ich habe kein Foto gemacht, nicht eines heute. Die Raupe werde ich nicht so schnell vergessen, wie ich ein Bild von ihr vergessen würde.
Ich schleiche mich davon und sage Danke fürs Lesen.
P.S.: Am 19. September 2023 war ich zufrieden mit den Nachrichten über das angekommene Paket, mit den vergessenen Fotos, mit einer fertiggestellten Radiosendung.
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Ich weiß gar nicht, wie es mit den Raupen weitergeht im Herbst. Eine schöne Grüne hab ich im Garten aufgestöbert. Meine Güte, wieder merke ich, was ich alles nicht weiß.
Du hast zwar kein Foto, aber du kannst wunderbar beschreiben. Das ist doch was!
Grüße an dich, mitten in der Nacht. (Ich habe heute einen verdammt wichtigen Artztermin und kann nicht schlafen.)
Einige überwintern als Puppe, las ich. Ob es auch überwinternde Raupen gibt? Wie wenig ich über diese Tiere weiß, erstaunt mich grad …
Dein Arzttermin – ich drücke alle Daumen.
Vielen Dank. Das Daumendrücken kann ich gebrauchen.