2023/204 – Erbstück 013


Tagebuch A: Mittwoch, 12. Januar.

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Ich ahnte es ja, daß ich vom Hund träumen würde. Daß aber das Frauchen, also die Hundehalterin in diesem Traum eine so große Rolle spielen würde, das habe ich nicht geahnt.

Zum Kaffee hatte ich heute früh ein paar Spekulatius, mit richtiger Butter drauf. Da kommt es beim Eintunken noch mehr als bei anderen Keksen auf das richtige Zeitgefühl an – nicht, daß der gebutterte Spekulatius in der Kaffeetasse versinkt! Danach (also zweieinhalb Stunden vergingen schon bis dahin) war ich in der Stadt unterwegs und suchte nach Fotomotiven. Im Halbwinter. Gut, es gab in einem öffentlich zugänglichen Hinterhof an den dort zu sehenden Türen sowohl Stein­metz­zeichen als auch (wahrscheinlich) Freimaurer­sym­bole in den Steinen der Portale. Aber darüber weiß ich viel zu wenig, um die auf Anhieb erkennen und deuten zu können. Und weil das Wetter die meiste Zeit ungemütlich war, ging ich in verschie­dene Geschäfte ohne die Absicht, irgendetwas zu kaufen. Nett ist, daß im Buchladen Lesesessel stehen, in denen sitzend man Bücher anlesen kann. Es hat auch niemand etwas dage­gen­gehabt, daß ich in meine Kladde kritzelte. Später saß ich in einer Einkaufspassage auf einer Treppe und belauschte und beobachtete die vorbeieilenden Menschen. Wieso haben es heute alle so eilig? Müssen sie zu einer bestimmten, sehr knapp bemessenen Zeit irgendwo ankommen oder laufen sie davon? Und wovor nehmen sie Reißaus?

Was ist mit all diesen hastenden, umherhetzenden Menschen: Laufen sie vor ihrem Leben weg oder rennen sie ihm hinterher?

Erst am späten Nachmittag war ich wieder zuhause; es war schon dunkel draußen. An den Fenstern der Häuser ist Weih­nachten schon vorbei – es ist nur noch sehr wenig Beleuchtung zu sehen. Gut, im Vergleich zu anderen Gegenden ist hier sowieso viel weniger zu sehen an Schwibbogen und Ähnli­chem, doch auch von dem Wenigen ist jetzt kaum noch etwas zu sehen. Meine Fenster gehören zu den Ausnahmen, die auch nach dem 6. Januar noch sichtbar dekoriert sind. Und sie bleiben beleuchtet bis Mariä Lichtmeß.

Dann stand ich vorm Kühlschrank und wußte nicht, was ich zu Abend hätte essen können. Ich hatte auf nichts von dem Vorhandenen Appetit. Also zog ich mich wieder an und holte mir einen Döner. Ich wurde gefragt, ob ich den richtig scharf essen mag. Ich bejahte und es wurden drei grüne Jalapeños draufgepackt. Woah! Die waren auch ohne die von mir vor­sichts­halber herausgepopelten Kerne sehr, sehr scharf.

Jetzt ist es wohl Zeit für den Nachtschlaf. Anderthalb Seiten hab ich heute geschrieben, einen neuen Anfang einer neuen Episode mit diesem Schuljungen. Und wenn heute Nacht in meinen Träumen meine Frau die Rolle übernimmt, die gestern die Hundehalterin innehatte …

 

 

Mit diesem Text wird das geerbte Tagebuch fortgesetzt. Alle Teile der Erbkladden-Serie sind in diesem Link in umgekehrter zeitlicher Reihenfolge (neueste zuerst) zu finden. Über eines der Notiz­bü­cher erzählte ich ja schon vor langer Zeit, im November 2012. Ich tippe die kleinen blauen lateinischen Buchstaben ab, immer mal wieder. Erst jetzt nämlich darf ich abschreiben aus den „von einem Freund geerbten” Kladden mit dieser winzigen Schrift. Und es ist wirklich nicht mein Tagebuch.

 

Ich schleiche mich davon und sage Danke fürs Lesen.

Der Emil

 

P.S.: Am 24. Juli 2023 war ich zufrieden mit der schnellen Wirkung des Nitrangins, mit dem Moskauer Eis, mit dem Geschriebenen.

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Über Der Emil

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