2023/047 – Erbstück 007


Tagebuch A: Donnerstag, 6. Januar

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Da, wo ich herkomme, wurde das auch „Hohes Neues Jahr” genannt. In den katholischen Ecken heißt es Dreikönigstag. In den kirchlichen Kalendern und in den Herrnhuter Losungen steht „Fest der Erscheinung des Herrn” und „Epiphanias” – hat dann wohl etwas mit der Epiphanie zu tun, muß ich bei Gelegenheit mal nachlesen In der Nacht war ich nur einmal wach, kurz nach Vier. Weil es schneite und ziemlicher Wind ging, ließ ich das Fenster zu. Die Heizungen aber nicht, die drehte ich in der Nacht mäß ig auf. So saß ich nach dem Aufstehen mit dem Kaffee da und mußte mich nicht anziehen, um nicht zu frieren. Gut, ihr wäre es vielleicht noch immer etwas kühl gewesen, aber sie ist ja nicht da. Moment mal: War es ihr hier bei mir immer nur zu warm? Oder war sie übefördert davon, hier bei mir nackt zu sein wie ich es bin? Oh Mann, ich bin wohl doch zu blöd, einfach zu blöd.! (Brief schreiben, nachfragen, um Verzeihung bitten, wenn falls ich damit einen Fehler begangen hatte.)

Ich habe mir das Märchen wieder auf den Tisch geholt. Und ich glaube, ich weiß jetzt, warum ich da nicht wirklich vorange­kommen bin: Der Stoff ist nichts, was sich in zehn oder zwölf Seiten pressen ließe. Die Szenen wollen – eine wie die andere – ausführlich beschrieben sein. Auch die Orte der Handlungen müssen zwar Phantasie benötigen, aber dennoch detailliert genug beschrieben sein, um die Phantasie fast unwillkürlich auftauchen zu lassen. Und warum soll das Innenleben der Figuren einmal nicht nur kurz angedeutet, sondern … sondern in all seiner Kompliziertheit beschrieben werden? — Ich habe also nochmal damit angefangen mit diesem Märchen, so, wie ich noch nie (bewußt) mit einem Text angefangen habe. Es gibt jetzt eine Skizze des Handlungsablaufes, es gibt eine Liste der Personen, es gibt eine Liste mögleicher Orte. Die meisten Gestalten sind in ihrem Äußeren in Stichworten beschrieben, jawohl. Aus den wenigen Seiten sind jetzt schon einige viele geworden, auf denen Stichworte stehen. Aus jenen Stichwor­ten brauche ich ja nur noch Sätze machen, die ich dann in der richtigen Reihenfolge aufschreiben muß. SO schaffte ich es noch nie, etwas fertigzuschreiben, noch nie; und doch hoffe ich, daß mir genau das diesmal gelingt.

Darüber waren fast fünf Stunden verstrichen. Ich zog mich an und ging erneut einkaufen. Milch, Brot, SENF, Joghurt, Tomaten. Damit komm' ich wohl übers Wochenende. Natürlich hätte ich mit dem Einkauf auch bis morgen warten können, dann hätt' ich – früher losgehend – gleich hier um die Ecke einkaufen können. Als ich wieder zuhause war, hab ich endlich was gegessen. (Man soll nicht hungrig einkaufen gehen, niemals, ich weiß das und tu es trotzdem immer wieder.) Tee hab ich mir gekocht. Musik und Kerzen angemacht. Wieder im „Laden II” gelesen, bald habe ich dieses Buch wohl leider geschafft. Und als ich vorhin schlafen wollte, da übekam es mich und ich habe am Klappfahrrad herumgeschliffen – so grß war der sprachliche Bruch nicht. Aber die Zeitformen! (Die sind viel zu oft noch immer meine Schwäche.)

Es ist jetzt schon nach Mitternacht, und damit Schlafenszeit. Ob sie vielleicht auch von mir träumen wird?

 

 

Mit diesem Text wird das geerbte Tagebuch fortgesetzt. Alle Teile meiner Erb­kladden-Serie sind in diesem Link in umgekehrter zeitlicher Reihung (neueste zuerst) zu finden. Über eines der Notiz­bü­cher erzählte ich ja schon vor langer Zeit, im November 2012. Ich tippe die kleinen blauen lateinischen Buchstaben ab, immer mal wieder. Erst jetzt nämlich darf ich abschreiben aus den „von einem Freund geerbten” Kladden mit dieser winzigen Schrift.

 

Ich schleiche mich davon und sage Danke fürs Lesen.

Der Emil

 

P.S.: Am 16. Februar 2023 war ich zufrieden mit meinem „Mittags”-Schlaf, mit dem Bad in der Menge Wanne, mit der geflickten Hose.

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Über Der Emil

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3 Antworten zu 2023/047 – Erbstück 007

  1. Moni sagt:

    @deremil ♥Wat war dat wieder schön zu lesen!

  2. Pingback: 2023/065 – Erbstück 008 | GeDACHt | Geschrieben | Erlebt | Gesehen

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