Eine physikalische Schlußfolgerung.
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Ich habe nach den Feiertagen wieder herumsortiert in meinem Leben, auch im materiellen. Und so schwer es mir auch fiel und immer wieder fällt, mich von erinnerungsbeladenen Dingen zu trennen: Ich habe es geschafft. Endlich sind kaputte T-Shirts, ruinierte Hosen, löcherige Boxershorts, seit Jahren untragbare Schuhe und ähnliches in einem Müllsack verschwunden. Keine Sorge, alles, das noch nutzbar ist, liegt frisch gewaschen und gebügelt in einem Karton.
Das war in den vergangenen knapp zwei Wochen wirklich nicht leicht, aber noch immer leichter als die Trennung von (selbst-)beschriebenem Papier. Ich glaube auch zu wissen, warum gerade das so schwer ist für mich. Denn ich bin mehrfach aus Beziehungen gegangen (worden) und mußte dabei fast alles zurücklassen. Da waren und sind mir die wenigen Dinge, die mich mit meiner Vergangeheit verbinden, wichtig geworden. Und als ich einmal versuchte, meine gesamte papierne Vergangenheit zu verbrennen, übersah ich nur sehr wenige Teile (zum Glück einige sehr wichtige). Mittlerweile weiß ich, daß das keine vernünftige Art war, mit der Vergangenheit abzuschließen, denn … Das könnt ihr euch selbst vorstellen, nicht wahr?
Zurück zum Aussortieren. So oft, wie ich hier schon davon schrieb, muß meine Ein-Zimmer-Wohnung ja ziemlich leer (geworden) sein, oder? Ist sie aber nicht. Es liegt, steht und hängt noch immer viel zu viel Zeug herum. Es sieht ziemlich unsortiert vollgestopft aus bei mir. Und es ist in den vergangenen Jahren immer mehr dazugekommen, als ich entsorgen, weitergeben konnte. Alleine die übergroße Anzahl an ungelesenen Büchern, die ich nach und nach aus den öffentlichen Bücherschränken angeschleppt habe! Und all die besonderen Erinnerungsstücke, die ich von den Besuchen im Heimatdorf mitbrachte. Die gefundene Dinge, die noch gut sind und bestimmt irgendwann gebraucht werden. Aber jedes einzelne Ding, jeder einzelne Zettel ist und bleibt so wichtig, so unverzichtbar, daß die Entscheidung zum Weggeben nur unter Qualen zu treffen ist.
Als ich vorhin vor dem geöffneten Schrank stand, aus dem ich die Kleidung in den Sack und in den Karton sortierte, war er kein bißchen leerer als vorher. Gut, auf der Kleiderstange hängt alles nicht mehr so zusammengepreßt, aber sonst ist keine Änderung erkennbar. Auch im umgeräumten Schuhregal sind keine Lücken, ist kein Platz für weitere Schuhe. Seltsam, sehr seltsam. Je weniger Dinge ich zu haben glaube, desto mehr Platz benötigen diese. Die Entropie des Gesamtsystems Inhalt (Wohnung) bleibt auch beim und nach dem Aussortieren unverändert (und wächst zum Glück nicht). Vielleicht, weil doch Einiges davon nach draußen gelangte. Vielleicht wohne ich aber auch einfach in der Außenstelle einer T.A.R.D.I.S. – und das scheint mir die physikalisch einleuchtendste Erklärung für all das zu sein.
Ich schleiche mich davon und sage Danke fürs Lesen.
P.S.: Am 9. Januar 2023 war ich zufrieden mit den beiden weggebrachten Säcken Müll, dem Mittagsschlaf, ganz viel Musik von Umbra et Imago.
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(Namensnennung, keine kommerzielle Verwertung, keine Veränderung).
Wenn du nicht ab und an erwähnen würdest es sei nur eine ein Zimmer Wohnung, könnte man meinen sie wäre um einiges größer, so viel scheinst du zu besitzen. 🙂
Ich las grad irgendwo: Was ich besitze, kann ich loslassen, was ich nicht loslassen kann, besitzt mich. (Es sind keine 40 m², in denen ich wohne.)
Ich denke, solange man sich wohlfühlt, ist alles genau richtig so.
Ach je, das geht mir immer sehr ähnlich. 🙈
Das danach nichts leerer ist?
Das auch, aber dass immer so viel Neues dazu kommt. Und dass die alten Dinge so wichtig tun, so Sicherheit verheißend.
Meine Umzieherei war immer eine gute Gelegenheit, mich von vielem zu trennen. Es erstaunt mich aber auch immer wieder, dass nie wirklich Freiraum entsteht. Jetzt, vor der Reise hatte ich mal wieder einen Aussortierungsrappel.
Wenn ich wieder da bin, bekommt die Schafschere einen neuen Platz, an der Wand neben dem Bild vom Lieblingsschaf. Die Schere werde ich aus der Schachtel befreien und ins Spinnstübchen passt es so.
Grüße von (noch) nebenan
Vielleicht würde mir einmal Umziehen beim Aussortieren helfen. (Aber ich mag nicht umziehen.)