#Advent 2022 (342): Das 8. Türchen


Peter findet verschwundene Blumen beim Suchen nach Wörtern.

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Strichzeichnung eines Nadelbaumes an einem Hang, Hörnerschlitten davor 
Das ist mein 13. Adventskalender. Ich widme ihn allen, die kämpfen, allen, die krank sind, allen, die Unterstützung benötigen. Möge allen Menschen eine im wahrsten Sinne des Wortes wunder­volle Weihnachtszeit beschieden sein. Meine Kerzen brennen insbesondere für Menschen und Tiere, die Hoffnung und Trost brauchen.

 

 

Wie jeden Morgen wird Peter von seiner Mutter geweckt. Heute aber hat er keine Lust zum Aufstehen. Und für die Schule ist er auch viel zu müde. Am liebsten würde er bis Weihnachten im warmen Bett bleiben. Er hört die Mutter rufen, daß er sich jetzt schon beeilen muß. Naja, er freut sich ja doch ein keines bißchen darauf, seine Freunde in der Schule zu treffen. Also schlüpft Peter aus seinem Bett, geht wie jeden Morgen ins Bad und kommt nach fünf Minuten wieder in sein Zimmer. Er zieht sich an und geht dann in die Küche. Heute gibt es Tee und Marmeladenbrötchen zum Frühstück. Mutter ist schon dabei, seine Schulbrote einzupacken, und trinkt ihren Kaffee im Stehen. Und sie ermahnt Peter zweimal, nicht so sehr zu trödeln. Aber wenn er doch noch so müde ist? Dann ist es Zeit. Peter muß Schuhe und Jacke anziehen, die Mütze aufsetzen und den Ranzen. Er will schon die Türe öffnen, als seine Mutter plötzlich neben ihm steht. Sie hält den Adventskalender in der Hand, den Peter heute vor Müdigkeit ganz vergessen hat. Schnell öffnet er das Türchen, nimmt das kleine Stück Scho­ko­lade und steckt es in den Mund. Schwups, ist er zur Tür hinaus. Mutter schaut ihm kurz noch hinterher, das weiß er. Aber auch sie muß ja gleich los zu ihrer Arbeit.

Noch ein paar Minuten braucht Peter für seinen Weg zu Schule, da beginnt es zu regnen. Ach, es ist Advent, da sollte es doch schneien und nicht regnen. Dann würde Peter auch nicht so naß werden. Er rennt nicht, er geht nur etwas schneller als üblich. Und er ist dennoch heilfroh, als er endlich in der Schule ankommt. Brrr. Seine Freunde begrüßen ihn und fragen nach den Hausaufgaben. Peter macht seine Hausaufgaben immer, und die Freunde fragen immer.

In der ersten Stunde haben die Kinder heute Deutsch. Peter ist noch immer müde. Dann schickt die Lehrerin die Kinder auf die Suche nach Wörtern. Sie sollen so viele als möglich auf­schrei­ben, die gefrorenes Wasser im Winter bezeichnen. Das ist etwas, das Peter Spaß macht: Schnee, Eis, Gletscher, Eis­zap­fen, Schneeflocke, Schneeball, Firn – das hat er erst gelesen – und wenn etwas verharscht ist, Glatteis, Eisregen, Rauhreif, Iglu, Schnee­wehe, Reif, ah ja: Eisblumen. Und es stellt sich bald heraus, daß Peter als einziges Kind der Klasse die Eis­blu­men aufgeschrieben hat. Deshalb soll er den anderen erklären, was das sind. Und er beschreibt die so gut, daß alle einmal Eisblumen sehen wollen. Und dann wird er in den Pausen den ganzen Tag lang gefragt, wo denn diese Eisblumen wachsen außer am Nordpol? Peter kann die Frage nicht beantworten, denn leider ist es in diesem Jahr noch viel zu warm. Es gab noch keinen Frost. Auch Fenster, an denen Eisblumen wachsen können, gibt es keine mehr. Nach der Schule überlegt Peter auf dem Nachhauseweg, wie er es denn anstellen könnte, daß auch die anderen Eisblumen sehen können. Schließlich fragt er nach den Hausaufgaben seine Mutter.

Mutter hat noch Fotos von Eisblumen auf ihrem Handy, sagt sie. Wenn Peter mitkommt zum Einkaufen – das mag er nicht wirklich –, dann könnten sie zusammen zwei oder drei Bilder aussuchen und sie im Drogeriemarkt ausdrucken. Hm. Dann geht er eben mit zum Einkaufen, es ist ja nicht weit. Schließlich werden es genau die drei Bilder, die Peter sich aussucht. Die die schönsten Eisblumen zeigen, die Peter je gesehen hat. Und morgen, morgen darf er die Bilder mitnehmen in die Schule. Dann sehen auch die anderen Kinder in seiner Klasse, wie Peters Lieblingseisblumen aussehen. Sein Geheimnis wird er aber niemandem verraten: Wenn man Eisblumen anhaucht, entsteht ein Loch in ihnen, durch das man hindurchsehen kann.

 

 

Wer hier noch nicht sehr lange mitliest, kann die Adventsgeschichten um Peter (der taucht seit Jahren immer mal wieder bei mir auf) unter diesem Link finden: Peters Advent – es kann sein, daß einige aufgrund meiner Schusseligkeit nur mit den Tag/Stichwort Peter zu finden sind.

 

Ich schleiche mich davon und wünsche eine schöne Adventszeit.

Der Emil

 

 
Wer eine Gelegenheit sucht, zur Weihnachtszeit anderen zu helfen, der kann das im Dezember täglich ab 21 Uhr des Vorabends bei der Versteigerung von #hand2hand22 tun. Die Aktion ist eine gute Idee von Meg, ihr und allen Mitwirkenden danke ich dafür von ganzem Herzen.

 

P.S.: Gut fand ich am 07.12.2022 ein Telefonat mit jemand bisher völlig Unbekanntem, den Linseneintopf, zwei ausgelesene Bücher.
 
Die Tageskarte für heute ist der Bube der Schwerter.

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Über Der Emil

Not normal. Interested in nearly everything. Wearing black. Listening. Looking. Reading. Writing. Clochard / life artist / Lebenskünstler.
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5 Antworten zu #Advent 2022 (342): Das 8. Türchen

  1. Nati sagt:

    Eine sehr schöne Geschichte zum Frühstück.
    Ich danke dir Emil.

  2. C Stern sagt:

    Diese Geschichte finde ich wunderbar, nicht nur, weil Peter Eisblumen zu schätzen weiß, sondern weil hier auch die Welt, in der Mutter und Kind leben, sehr wärmend beschrieben ist. Danke an Dich, Emil!

  3. Elvira sagt:

    Eisblumen hatten wir in der Silvesternacht 1978/1979 in zwiefacher Ausführung. Die zweiten sind meiner Ignoranz geschuldet, was mir sehr zugesetzt hat. Unser Bermieter wohnte vor uns selbst in dieser großen Neuköllner Altbauwohnung, so eine Wohnung mit doppelten Fenstern aus Holzrahmen und einfachem Fensterglas. Im Schlafzimmer hatte er ein Blumenfenster eingebaut. Im Prinzip das Doppelfenster nur um etliches verbreitert. Wir hatten dort eine üppige Pflanzenpracht. Bis zu dieser Silvesternacht. Als wir am Neujahrstag nach Hause kamen (wir hatten noch keine Kinder und konnten die Nacht durchmachen) war das äußere Fenster völlig von Eisblumen bedeckt und sämtliche Pflanzen erfroren. Wir hatten etliche Hydropflanzen, deren Füße wortwörtlich im Eis standen. Während ich tanzte und feierte (dabei mag ich Silvester nicht) starben meine ganzen Pflanzen in dieser Nacht.

    • Der Emil sagt:

      Oh weh. SOLCHE Eisblumen sind sehr traurig.

      Meine Erzgebirgs-Großeltern hatten zwei solche Blumenfenster. In der Weihnachtszeit (bis 2. Februar) waren keine Blumen drin sondern ein Weihnachtsberg im kleineren und Weihnachtsdeko im größeren.

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