#Advent 2022 (339): Das 5. Türchen


Etwas fortgesetzt zur Weihnachtszeit, aber diesmal anders.

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Strichzeichnung eines Nadelbaumes an einem Hang, Hörnerschlitten davor 
Das ist mein 13. Adventskalender. Ich widme ihn allen, die kämpfen, allen, die krank sind, allen, die Unterstützung benötigen. Möge allen Menschen eine im wahrsten Sinne des Wortes wunder­volle Weihnachtszeit beschieden sein. Meine Kerzen brennen insbesondere für Menschen und Tiere, die Hoffnung und Trost brauchen.

 

Um Himmelswillen, versteht mich bitte nicht falsch: Das hier ist nicht der Versuch, mich selbst zu loben. Ihr wißt doch, daß ich schon mit dem Lob ande­rer Menschen meine Probleme habe. Wie könnte ich es da ertragen, mich selbst zu loben? Nein, aber … Vielleicht ist es eine Anregung für jemanden oder die Erklärung meines Verhaltens u. a. in dieser besonderen Zeit.

 

Eine meiner regelmäßigen Weihnachtsaktivitäten ist es bisher gewesen (und wird es auch in Zukunft sein), Weihnachtsgeschenke zu machen. Ob das nun „Weihnachten im Schuhkarton” war, ein Päckchen für die Weihnachtsaktion der Bahnhofsmission oder etwas vom Wunschzettelbaum im Supermarkt: Jedes Jahr bekamen wildfremde Menschen ein klein wenig Weinhnachtsfreude von mir. Jedenfalls hoffte ich das in jedem Jahr. Und auch in diesem Jahr handelte ich ähnlich. Es gibt einen Menschen, der von mir „ einfach so” ein Weih­nachts­geschenk bekam. Vor allem aber: Damit habe ich jemandem etwas geschenkt, das wirklich benötigt wird. So wie das auch bei den Aktionen der vergangenen Jahre war. Nur eines war anders, ist anders in diesem Jahr. Diesmal kenne ich die beschenkte Person. Und sie war beim Besorgen des Geschenkes dabei.

Die Vorgeschichte ist lang und kompliziert zu erzählen, wenn ich die Person nicht erkennbar werden lassen will. Klar, ich hätte ein Märchen daraus machen können oder eine überlieferte Erzählung. Nein, konnte und kann ich zur Zeit nicht … Dehalb bleibt es bei einer Kurzfassung: Ich sah jemand mit kaputten, nicht zum Winter passenden Schuhen. Wie schon oft hielten wir auch ein Schwätzchen und sprachen über die Tiere, die dieser Mensch versorgt (alte und kranke Hunde aus Tierheim oder schlechter Haltung). Diese wieder abzugeben und in eine ungewisse Zukunft zu schicken, ist für die Person nicht möglich; das wäre falscher als falsch. So werden zuerst Tierarzt- und Medi­ka­men­tenkosten getragen, und erst danach wird sich um sich selbst gekümmert. Ich könnte nicht so leben und handeln, aber ich respektiere dieses Vorgehen. Wir sprachen auch über die Weihnachtszeit und dann … Dann bot ich an, dieser Person ein paar Winterschuhe zu schenken. Das wurde zunächst heftig abgelehnt. Da erzählte ich eben von „Weihnachten im Schuhkarton” und den anderen Weihnachtsaktionen und fragte, was der große Unterschied zu einem direkten Geschenk wäre.

Weil auch ich schon in ähnlichen Situatinen war, weiß ich, wie beschämend ein solches Angebot sein kann: Jemand kauft Schuhe für mich … Später trafen wir uns wieder und ich wiederholte mein Angebot dennoch. Da sagte die Person zu und wir gingen zu zweit los. Schuhe sollten ja am besten anprobiert werden vor dem Kauf. Und schon im ersten besuchten Geschäft wurde etwas passendes gefunden. Hohe, leicht gefütterte Schnürstiefel mit Profilsohle. Nein, noch einen Laden abklappern war nicht gewünscht. (Nähere Einzelheiten mag ich nicht aufschreiben.)

Und so habe ich auch in diesem Jahr einem Menschen eine kleine Weihnachts­freude gemacht. Wieder in einem Schuhkarton. Weil ich einigermaßen auf­merk­sam zuhörte. Weil ich hingesehen habe und lange (das alles fiel mir ja nicht zum ersten Mal auf) überlegte, ob und vor allem wie ich meine Hilfe anbieten kann. Weil ich selbst ja schon ähnliches erlebt hatte und um die Scham u. s. w. weiß. Jetzt bin ich froh, daß ich es geschafft habe, ohne diesem Menschen vor den Kopf zu stoßen. Jetzt freue ich mich am meisten über die Freude, die dieser Mensch hat, und über die trockenen und wärmeren Füße. Und das ist für mich ein tatsächlich weihnachtliches Gefühl, die Freude über die Freude.

Verschenken gehört für mich zu diesem Fest dazu. Trotz der Meckerei, die ich anscheinend im zweiten Türchen äußerte.

 

Ich schleiche mich davon und wünsche eine schöne Adventszeit.

Der Emil

 

 
Wer eine Gelegenheit sucht, zur Weihnachtszeit anderen zu helfen, der kann das im Dezember täglich ab 21 Uhr des Vorabends bei der Versteigerung von #hand2hand22 tun. Die Aktion ist eine gute Idee von Meg, ihr und allen Mitwirkenden danke ich dafür von ganzem Herzen.

 

P.S.: Gut fand ich am 04.12.2022 das Spekulatiusfrühstück im Kerzenschein, den Mittagsschlaf, die Mitgliederversammlung der Ritterschaft.
 
Die Tageskarte für heute ist IX – Der Eremit.

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Über Der Emil

Not normal. Interested in nearly everything. Wearing black. Listening. Looking. Reading. Writing. Clochard / life artist / Lebenskünstler.
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9 Antworten zu #Advent 2022 (339): Das 5. Türchen

  1. Verbalkanone sagt:

    Was für eine wunderschöne Aktion von dir, lieber Emil. Das ist für mich praktizierte, ehrliche Nächstenliebe.

  2. Nati sagt:

    Eine wirklich schöne Tradition von dir, vor allem wenn man ein wenig von deinem Hintergrund weiß.

    • Der Emil sagt:

      Danke. Aber ich mach das schon, seit ich hierzustadt gelandet bin, „es gehört einfach dazu“. Und bedürftige Menschen gibt es eben nicht nur da, wo die bisher anonymen Geschenke hingingen, sondern auch in der direkten Nachbarschaft.

  3. Sonja sagt:

    Wunderbar, lieber Emil!

  4. C Stern sagt:

    Ja, ich schließe mich an! Ich finde es auch gelebte Menschlichkeit.

    Und doch: Ich kenne auch die Seite des Beschämten. Auch für mich gab es schon sehr knappe finanzielle Zeiten, da ist man besonders empfindlich mit dem Annehmen von Geschenken. Hatte damals einen guten Freund, der es auch wirklich gut meinte, aber so einen Stolz kann man nur nachvollziehen, wenn man selbst in der Lage war. Bei mir ist das Geschenk, das mir gemacht wurde, leider nicht gut angekommen – und ich habe das auch so formuliert. Ich war sehr verärgert und fühlte mich beschämt. Heute, viele Jahre später, freue ich mich noch immer daran. Aber heute bin ich auch in einer anderen Situation.
    Ist alles lange her, aber nicht vergessen.
    Warme Grüße, C Stern

    • Der Emil sagt:

      Naja, ich nehme an, daß das auch auf das konkrete Geschenk ankommt. Und ich hatte ja extra vorher die Einwilligung erfragt. Eine Ablehnung hätte ich auch akzeptiert …

      • C Stern sagt:

        DAS macht sicherlich einen Unterschied, lieber Emil!
        Ich wurde damals überrumpelt – und dies, obwohl man wusste, dass ich sehr stolz in dieser Hinsicht war.
        Es war auch kein Geschenk, das lebensnotwendig war. Es war Luxus für mich. Ich brauchte Zeit, um dieses Geschenk annehmen zu können – und war auch verletzt, dass sich mehrere Menschen über mein Gefühl des Beschämtwerdens hinweggesetzt haben. Es war gut gemeint – und doch das Gegenteil.

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