Tagebuch A: Sonntag, 2. Januar
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Ich weiß es nicht, ob ich in der Nacht wirklich wach war. Kann auch sein, daß ich ohne Unterbrechung geschlafen habe, was zwar nur selten passiert, aber eben möglich ist. Ich trank meinen Kaffee, hatte keinen Hunger, keinen Appetit. Aber meinen obligatorischen Keks hab ich gegessen. Weil das eine der Sachen ist, die ich mir so angewöhnt habe. Ansonsten war heute bei mir fauler Sonntag. Wie in der Adventszeit hab ich den Fernsehgottesdienst gesehen. Aber viel davon hab ich nicht mitbekommen, ich dämmerte nach dem Kaffee noch so vor mich hin. Ja, das war katholisch, das hab ich gemerkt, doch was heute das Thema war, das müßte ich jetzt nachlesen.
Das blöde Märchen lag noch auf dem Tisch, das mußte ich erstmal zur Seite legen. Arbeitsfrei wollt ich machen, faul bleiben. Also hab ich gelesen. Der Raskolnikov ging überhaupt nicht; auch Strittmatters waren zu anstrengend. So griff ich zu mundartlichen Anekdoten und Liedern, die ich schon/noch aus meiner Kindheit kenne. Ja, an die meinsten konnte ich mich erinnern, aber eben nur an die meisten. Und so hatte ich heute wirklich ganz überraschend zu lachen bei den Geschichtchen, an die ich mich eben nicht erinnern konnte. Und wie das so ist, wenn ich lese: Ein paar Sätze hatte ich aufzuschreiben. Keine Zitate, nein. Aber es kamen ein paar Gedanken auf, die festgehalten werden wollten.
Ich dachte, ich kenne diese Menschen, die seit fast 25 Jahren meine Nachbarn waren und sind. Ich dachte es, bis ich sie heute in Trauer zusammenbrechen sah. Da kannte ich mich dann auch nicht mehr.
Das ist nichts, was ich so, in dieser Form, irgendwann und irgendwo erlebt habe: Die beiden Sätze kamen mir nur beim Lesen in den Sinn. Die zwei und einige andere.
Fürs Abendbrot hatte ich mir Sauerkraut angebraten. Das mag ich ganz gern essen, wenn mir nichts anderes einfällt. Und einfach Schwarzbrot dazu. Und ein Bier hab ich getrunken. Obwohl ich … zumindest habe ich keinen Schnaps im Haus, das ist in Ordnung. Gebratnes Sauerkraut auf Butterbemme. Ein Geschmack aus der Kindheit, einer meiner Opas aß das gerne. Danach hab ich den Abwasch noch erledigt und in der Wanne gelegen. Das möchte ich an jedem Sonntag tun, wenn ich zuhause bin.
Es ist grad halb Elf durch und ich bin müde, aber noch nicht ganz schlafmüde. Vielleicht werden es noch ein paar Seiten „Laden II”, vielleicht auch nicht. Ich vermisse es, ihren Atem neben mir zu hören beim Einschlafen.
Mit diesem Text wird das geerbte Tagebuch fortgesetzt.
Ich schleiche mich davon und sage Danke fürs Lesen.
P.S.: Gut fand ich am 24.11.2022 meinen Zwiebelreis, den begonnenen wissenschaftlich-phantastischen Roman der beiden Brauns, die Zeit im Museum.
Für morgen zog ich die Tageskarte Neun der Kelche.
© 2022 – Der Emil. Text unter der Creative Commons 4.0 Unported Lizenz
(Namensnennung, keine kommerzielle Verwertung, keine Veränderung).
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