Wenn nachts die Phantasie mit mir durchgeht.
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In dem eingezäunten Gelände sind alte Betonteile zu Haufen übereinandergeworfen. Die dienen wohl spezialisierten Radfahrern als Traningsstrecke, als Übungsparcour. Allerdings sah ich noch nie jemanden mit einem Fahrrad darauf herumbalancieren. Mag sein, daß das an der Uhrzeit liegt, zu der ich meist daran vorbeigehe, aber wer weiß das schon so genau. Gerade ist Mitternacht vorbei, ich hörte die Glocke der alten Dorfkiche zwölfmal schlagen. Die Dunkelheit – nein, heute gibt es keine Dunkelheit: Der beinahe noch volle Mond hüllt alles in ein seltsames Licht. Und die Spitzen der Haufen scheinen besonders hell beleuchtet zu sein. Weiter hinten sitzt ein Fuchs ganz oben auf einem solchen Haufen von Altbeton. Ich weiß, daß innerhalb des Zaunes Füchse leben, höre sie oft genug bellen in der Dämmerung. Graubraun sieht seine Gestalt jetzt aus im Mondlicht. Für ein Handyfoto ist es leider zu dunkel. Ich bleibe stehen und beobachte das Tier. Wie vor meinem Mund bilden sich Hauchwölkchen vor seiner Schnauze, als er gähnt. Ich stehe still und versuche, sogar das blinzeln zu vermeiden. Der Fuchs verschwindet in den Schatten, vielleicht hat ihn doch irgendetwas gestört. Dabei steht der Wind günstig, er kann mich nicht gewittert haben. Schade, ich hätte das Tier gerne noch ein paar Minuten betrachtet, wie es so dasitzt und lebt …
Ich habe keinen Laut gehört, nicht eine Bewegung gesehen. Plötzlich aber sitzt der Fuchs keine drei Meter von mir entfernt auf der anderen Seite des Zaunes und sieht mich an. Ich fühle mich wie beim Spannen ertappt. Zwischen zwei Schatten sitzt dieses Raubtier und beobachtet mich. Legt den Kopf schief. Sich dann nieder. Im bleichen Licht des Mondes rollt der Fuchs sich zusammen. Als könne er eine für mich nicht spürbare Wärme des Mondlichts wahrnehmen. Beobachtet er mich noch immer? Verschrecke ich ihn, wenn ich mich jetzt bewege und meinen Heimweg fortsetze? Langsam gehe ich vom Zaun weg zurück auf den Weg. Der Fuchs ruht, ich sehe, wie er atmet. Eines seiner Augen öffnet sich wieder, sieht, nein, blinzelt mich an. Ich gehe.
War da ein Leuchten in diesem einen Auge? War jener Fuchs überhaupt da?
Ich schleiche mich davon und sage Danke fürs Lesen.
P.S.: Gut fand ich am 12.10.2022 wieder das Ausschlafen, einen reparierten Füllfederhalter (der war „nur” eingetrocknet), das entsorgte Altglas.
Für morgen zog ich die Tageskarte König der Stäbe.
© 2022 – Der Emil. Text unter der Creative Commons 4.0 Unported Lizenz
(Namensnennung, keine kommerzielle Verwertung, keine Veränderung).
Sehr gern gelesen. Und dabei gelächelt.
Das freut mich. Vielen Dank!
Das ist eine schöne Geschichte. Es tat gut zu lesen.
Danke sehr. (Aus einem Traum entstanden.)
Gefällt mir sehr, deine Geschichte. Sehr Vielschichtig, als sei man dabei gewesen.
Danke für das „dabeigewesen“ und alles andere.
Sehr gerne Emil.
Das ist ja ganz toll, so ein Erlebnis hätte ich auch gerne mal, ich mag Füchse sehr.
Ich mag Füchse auch. (Dennoch: Ich hab ein nichterlebtes Erlebnis beschrieben.)