Aber bitte auch rechtzeitig machen.
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Mir ist der Weg bekannt, den ich heute zurücklegen muß. Ich gehe ihn auch nicht zum ersten Mal: den Berg hinauf bis zur Höhe zwischen den beiden Dörfern, dann eine gute Weile oben auf der Höhe dem Feldweg folgen und kurz vor der Bank links hinab ins Nachbartal. Je nachdem, wie schnell jemand unterwegs ist, dauert das zu Fuß zwischen drei und fünf Stunden. Es sind ja fast 20 km Strecke zu gehen, um die sieben Kilometer Luftlinie zu überwinden. Zum Glück und ganz besonders zu meinem Glück ist nichts an diesem Weg alpin oder in der Art von Klettersteigen angelegt. Alles Feldwege und Steige, die schon von alters her von den Menschen zu Fuß gegangen wurden. Sogar mit Eseln und Maultieren waren die Leute hier früher unterwegs, als es noch keine Straßen zu den Dörfern hier oben gab. Apropos Straßen: Hätte ich ein Auto oder ein Motorrad, dann würde ich wohl hinüberfahren ins Nachbardorf. Mittlerweile habe ich kein Auto mehr. Fast alle Strecken gehe ich: die zwei Kilometer zum Bäcker unten im Dorf, unterwegs sind auch Drogerie und Apotheke und der Doktor zu finden. Oder aber die vierzehnhundert Meter bis zum Fleischer und zum Discounter, auch die gehe ich zu Fuß.
Und heute? Die Schwiegertochter hat mich eingeladen zum Geburtstag. Und ich habe mich am Vormittag auf den Weg gemacht. Ich weiß, daß es um Drei Kaffee und Kuchen gibt bei ihr. Jeden Tag, und jeden Tag pünktlich. Und weil ich gut in der Zeit liege, gehe ich heute am Abzweig vorbei bis zu der Bank, die hier oben im Windschatten eines Felsbrockens steht. Es ist Zeit genug für eine Pause, in der ich mich ausruhen und in Ruhe die Gegend betrachten kann. Und ich mache die Pause, obwohl ich noch längst nicht erschöpft bin. Aber ich weiß: Machte ich sie nicht, käme ich bald zur Notwendigkeit, mich an den Wegrand setzen zu müssen. Dem beuge ich vor. Mit einer Pause vor der Erschöpfung, weit vorm Zusammenbruch. Noch ehe auch die „Reserveenergie” verbraucht ist. Nennt mich dafür ruhig Schwächling oder so schön neudeutsch-managerisch: „Minderleister”. Weil ich Pause zur rechten Zeit mache. Jetzt hier auf dem Weg oder überall sonst auch. Weil ich wegen einer Pause nichts, aber auch gar nichts weniger leiste als andere, die sich völlig verausgaben und zusammenbrechen und dann viel längere Zeiten Ruhe bräuchten. Die sie sich angeblich nicht leisten können, weil dann ihre Leistung nicht mehr aussreicht.
Verrückte Zeiten. In denen Pausen zu etwas Schlechtem geworden sind. Mir haben die zwanzig Minuten auf der Bank gutgetan. Jetzt schaffe ich es, die restlichen knapp zwei Stunden bis zur Schwiegertochter an einem Stück zu gehen. Und ich komme pünktlich einiges vor drei Uhr bei ihr an. Weil ich eine Pause machte.
Ich schleiche mich davon und sage Danke fürs Lesen.
P.S.: Gut fand ich am 13.01.2022 eine ehrliche Nachricht, weitere Transkription, Zeit für mich alleine.
Für Morgen zog ich die Tageskarte Zehn der Münzen.
© 2022 – Der Emil. Text unter der Creative Commons 4.0 Unported Lizenz
(Namensnennung, keine kommerzielle Verwertung, keine Veränderung).
Ich finde es überhaupt nicht dumm Emil.
Es ist überaus klug auf sich und seine Energie zu achten.
Ist es eine wahre Geschichte oder erfunden?
Ich wohne nicht in einem Bergdorf …
Ich weiß, hätte ja sein können dass du dort auf Besuch bist.
Sonst hast du als Schlagwort „nichterlebt“ verwendet, deshalb meine Frage.
Ah! Das hab ich vergessen, tatsächlich. Ergänze ich jetzt.
Danke.
Ach, jemanden mit Pausen habe ich im Dithmarschen kennengelernt in einer Schafskäserei. Der Bauer erzählte von den Abläufen auf dem Hof. Das letzte Mal die Käse waschen passiert abends um Zehn. Schlimm findet das niemand, weil sie mittags auch gleichmal zwei Stunden in der Sonne sitzen und das auch sehr genießen. Pause eben.
Ich glaube, es kommt immer darauf an, mit was man beschäftigt ist. Wenn man das will, dann macht man das gerne und empfindet das nicht als Last. Ich könnte mir das gut vorstellen.