Unvorstellbar umständlich für Ungeduldige.
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Mitten in der Wiese liegt ein Mensch. Auf dem Bauch, aufgestützt auf die Ellebogen hält sie etwas vors Gesicht. Ah, eine Kamera, ein altertümliches Modell mit diesem Ziehharmonikadings vorn dran. Soeine habe ich vor kurzem in einem Schaufenster gesehen bei einem Trödelladen. Wie sieht man bei dem Ding wohl, was man fotografieren will oder was man fotografiert hat? Da ist doch kein Bildschirm dran … Und wie soll man damit ein Selfie machen? Ob ich hingehe und einfach frage? Dann aber müßte ich zugeben, daß ich schon eine ganze Weile zusehe. Und wie sieht das aus? Eine Frau, die in der Wiese liegt, einfach so zu beobachten. Hm. Doof sieht das aus. Sehr doof. Neugierig bin ich aber schon! Jetzt sieht sie zu mir her. Die wird doch nicht etwa … Hat die mich jetzt fotografiert? Mich? Die Frau steht auf und kommt auf mich zu. Wenn ich weggehe, denkt sie bestimmt, daß ich ein Spanner bin. Sie steht vor mir, mit der komischen Kamera in der Hand. Was? Wie bitte? Sie will auch noch ein Portrait von mir machen. Ein was? Ach so, nur das Gesicht. Ja klar, von mir aus gerne, aber nur, wenn ich das Bild ansehen darf und es für mich okay ist. Sie lacht, setzt sich neben mich auf die Bank und erzählt, warum das nicht geht und wieso sie trotzdem mit diesem seltsamen Ding fotografiert.
Später hat sie ein einziges Bild von mir gemacht. Ein einziges! Und das geht nicht, das kann man nicht sehen, auch nicht am Handy oder am Computer, erst viel später irgendwie. Soll sie glücklich damit werden, verstehen muß ich sie und dieses altmodische Zeug nicht.
Ich schleiche mich davon und sage Danke fürs Lesen.
P.S.: Am 13.08.2021 waren positiv gesicherte Daten, ein kleines und auf einen Rutsch durchgelesenes Buch, eine noch andauernde Dämmerungsrunde durch die Stadt.
Die Tageskarte für morgen ist die Zwei der Kelche.
© 2021 – Der Emil. Text unter der Creative Commons 4.0 Unported Lizenz
(Namensnennung, keine kommerzielle Verwertung, keine Veränderung).
Mit solchen Kameras muss(te) man sich noch gut ueberlegen, was man wie fotografiert. Besser als das heutige „klick, klick, klick …“.
Grad die alten Balgenkameras haben noch das Negativ-Format 6×9 (jeweils cm), da waren und sind (ohne Einlegemasken) auf einem Film genau zwölf Aufnahmen möglich.
Das waere nichts fuer mich, denn ich knipse nach dem Motto: wenn ich hundert Aufnahmen mache, sollte schon eine brauchbare dabei sein. 😀
Lt. Wahrscheinlicheitsrechnung kann Quantitaet wohl Qualitaet ersetzen:
Wenn 2 Millionen Affen 2 Millionen Jahre lang auf 2 Millionen Schreibmaschinen herumhacken, sollte lt. Wahrscheinlichkeitsrechnung irgendwann dabei ein Shakespeare Sonett herauskommen.
Habe ich jedenfalls irgendwo mal gelesen.
Und meinen Schuelern haben ich das immer vorgehalten, wenn sie in Klausuren zu geschwaetzig waren, und dazu kommentiert, sie haetten ja auch keine 2 Millionen Jahre Zeit. Ueber die weitere Bedingung habe ich mich nicht (immer) geaeussert.
Ich habe noch eine Balgenkamera von 1952 und im Gefrierfach ein paar Filme dafür … Und ich versuche, auch digital nur wenige Aufnahmen zu machen.
Mich verfuehrt das Digital(un)wesen. Es macht mich gedanklich faul, weil ich jetzt nicht lange ueberlegen muss, z.B. welche Perspektive ich nun nehmen soll, oder ob sich die Aufnahme ueberhaupt lohnt: ich knipse einfach drauf los. weil es ja den digitalen Papierkorb gibt.