Nº 226 (2019): Nachtgedanken

Mal wieder: Schlaflos im neunten Stock.

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Ich kann nicht einschlafen. Und ich finde wieder nicht den richtigen Platz für mein Schreiben. Gut, ich sitze am Couchtisch, an der Stelle, die ich als meinen Schreibplatz bezeichne. Ja, das fühlt sich richtig an. Aber — Es fehlt mir … Ja, es fehlt mir das Gefühl, auf das richtige Papier, auf dem richtigen Papier zu schreiben, in die passende Kladde, auf den passenden Block, das stimmige Schmierpapier. Was soll das? Ich muß und will schreiben (übrigens nicht in ein elektronisches Gerät!) und es passen Papier oder Stift oder Tintenfarbe nicht. Was soll das? Davon bin ich immer ziemlich genervt. Und dann finde ich mich bescheuert. Und diesen meinen Spleen finde ich unpassend. Aber was kann ich dagegen tun? Es ist ja keine … Es ist doch keine (klassische) Schreibblockade? Oder doch?

Ist es Angst vor Stift, Tinte und Papier (die als Schreibblockade so oft genannte Angst vor dem leeren Blatt ist es nicht, denn ich finde nur nicht das richtige Papier), Angst vor den eigenen Worten? Vor den Gefühlen und dem Innenleben der Protagonisten? Ist es Angst vor den eigenen Gedanken?

Kann ein Mensch wirklich Angst vor den eigenen Gedanken haben? Ich bin mir sicher, ich kenne meine Gedanken, von Anfang an und auch bis zu ihrem manchmal bitteren Ende. Hm. Es sollte nicht sein, aber doch, ab und zu habe ich Angst vor ihnen. Und dann kann ich nicht schlafen. Weil ich die Gedanken aus mir herausschreiben möchte. Und dann sitze ich da und finde nicht den richtigen Stift mit der richtigen Tinte und gleich gar nicht das richtige Papier, auf das diese Gedanken passen. Also tigere ich durch mein Zimmer, suche in und unter und auf Schränken nach Kladden und Papier, denn wo welche Stifte sich befinden, daß weiß ich.

Ja, ein paar der schließlich in die Unterwegskladde notierten Gedanken machen mir Angst. Nein! Nein! Nein, nicht die Gedanken, aber das Eintreffen des Gedachten, eine mögliche Zukunft ängstigt mich. Geschrieben habe ich letztendlich mit der Glasfeder und eine Zugfeder, immer gut in das Tintenglas eintauchend, mit schwarzer Tinte. Einen nebenbei im Radio aufgeschnappt Satz mischte ich dazwischen, mit grünem Kugelschreiber in Kapitälchen. Auch in diesem Satz ging es um etwas, das bei mir angstbehaftet ist, heftig angstauslösend wirkt. Aber über den denke ich ein andermal nach. Aus der heutigen Nacht nehme ich mit, daß ich keine Angst vor meinen Gedanken habe, sie nicht haben muß und nicht haben kann. Wohl aber kann das, worum sie sich drehen (die Vorstellung eines Geschehens, d.i. eine imaginierte Zukunft zum Beispiel), Angst auslösen und/oder verstärken – der bloße Gedanke jedenfalls nicht.

Meine Gedanken machen mir keine Angst.

 

Ich schleiche mich davon und sage Danke fürs Lesen.

Der Emil

P.S.: Am 14.08.2019 waren positiv eine Erkenntnis, eine Bahnfahrt, ein Wiedersehen.
 
Die Tageskarte für morgen ist die Acht der Stäbe.

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Über Der Emil

Not normal. Interested in nearly everything. Wearing black. Listening. Looking. Reading. Writing. Clochard / life artist / Lebenskünstler.
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4 Antworten zu Nº 226 (2019): Nachtgedanken

  1. Sofasophia sagt:

    Warum kommt mir das (Beschriebene) bekannt vor? Wenn auch ohne die Papier- & Stiftthematik und mit andern Kontexten, aber doch, ja … doch … hm. (Mitgefühl habend.)

  2. wildgans sagt:

    Was soll das?
    Kommt das nicht in einem Grönemeyer-Song vor?
    Man könnte es praktisch als Riesenüberschrift über die ganze Welt sehen! Oder?
    Nachtgruß von Sonja

    • Der Emil sagt:

      Ja. Und weiter geht es in dem Lied mit: „Womit hab ich das verdient (daß der mich so blöde angrient)?“

      Als Riesenüberschrift über das Leben, das Universum und den ganzen Rest …

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