Nº 054 (2019): Nachgemacht Chinesisch

Teetrinkend auf die Worte warten.

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Da sitze ich nun vor der Kladde und überlege angestrengt. Was wäre, was ist denn heute so wichtig gewesen für mich, daß ich es auch noch teilen möchte? Und kann ich das Wichtige überhaupt öffentlich teilen, oder gehört es zu den Dingen, derer ich mich (noch) nicht outen mag, die ich (noch) nicht gestehen werde? Ist das, was für mich wichtig ist, auch etwas, das andere interessieren kann? Vielleicht sogar sollte oder muß?

Schon fast eine Stunde lasse ich mir Zeit, ein paar Worte zu finden. Ein paar nur, aber eben ein paar mehr als nur das, was Autorinnen und Kritiker und Leserinnen einen Aphorismus nennen. Es gibt eine Grenze, besser eine Wunschgröße für meine Blog­bei­träge: um 300 Worte mit allem Vor- und Nachspann, das sind effektiv knapp 250 für den eigentlichen Text. Bis ich die finde, mache ich mir noch eine Kanne Tee, Grünen Tee, “Chinese Gunpowder”. Und heute nutze ich sogar dieses alte, kitschige Teeservice mit der nachgemachten Lackmalerei. Ich bin, ganz nebenbei bemerkt, mittlerweile ganz abgekommen von Teeeiern, Teesieben und Teefiltertüten; ich brühe direkt in einer Porzellankanne auf und gieße dann durch ein Sieb in eine andere, vorgewärmte Kanne ab.

 

Siehe Bildunterschrift.

(Nachgemachtes) Asiatisches Teeservice, schwarz mit Blättern und Blüten verziert. Steinzeug; Tablett und Griffumwicklung echt Plaste.

 

Doch dann war der Tee ausgetrunken und auf das Papier noch kein einziges Wort niedergeschrieben. Was ist nur los? Da sind doch viele Geschichten in meinem Kopf?! Anfänge zumindest sind da, Angefangenes, das auf Fortsetzung wartet. Doch da grätscht dann wieder die eigene Zensur dazwischen; das ist zu explizit, zu sexistisch, zu porno­gra­fisch, zu sehr in altem Sprachgebrauch verhaftet und damit nicht “bolliddiggl gorräggd” usw. usf. Was blieb mir also anderes übrig, als neuen Tee zuzubereiten und das schäbige Teeservice abzulichten, um es hier herzuzeigen? Ja, es ist schäbig, billig sogar. Doch es hat so viele Erinnerungen an sich gebunden, daß ich es trotz seiner seltenen Benutzung noch nicht weggeben konnte (im Gegensatz zu anderen asiatisch anscheinenden Gegenständen, die ich schon längst nicht mehr besitze).

So. Nun ist doch wieder ein Text entstanden, sogar einer mit Bild. Und es wird morgen ebenso einen Beitrag hier geben und übermorgen und am Tag danach und danach …

 

Ich schleiche mich davon und sage Danke für’s Lesen.

Der Emil

P.S.: Am 23.02.2019 waren positiv, daß ich am Training teilnahm, daß ich der Kladdenkaufsucht erneut widerstehen konnte und weitere sieben (7) weggebrachte Bücher (jetzt Σ=33 im Februar, also fünf mehr als vorgesehen).
 
Die Tageskarte für morgen ist die Drei der Stäbe.

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Über Der Emil

Not normal. Interested in nearly everything. Wearing black. Listening. Looking. Reading. Writing. Clochard / life artist / Lebenskünstler.
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0 Antworten zu Nº 054 (2019): Nachgemacht Chinesisch

  1. wildgans sagt:

    Das mochte ich gern lesen! Diese Worte „schäbig, billig sogar“ trifft es nicht, finde ich, denn für dich hat es hohen Wert, wie ich es so mitfühle beim Lesen: geliebte Gegenstände einfach!

    • Der Emil sagt:

      Danke sehr.

      Ja, es hat Wert für mich. Und trotzdem ist es mittlerweile schäbig, wie die Gute Bluse oder die Dunkle Weste, die seit 30 Jahren nur zum Gang auf den Friedhof angezogen werden — zum Beispiel …

  2. piri ulbrich sagt:

    „Echte Plaste“ – dat find ich jut! Und dann gibt es da noch die abgestoßenen Tassen mit dem hohen Erinnerungswert, den keiner Dir nehmen kann. Stimmt´s? Das macht doch das Leben aus!

    • Der Emil sagt:

      Davon hab ich nur (noch) eine einzige! Wenn Tassen verunglücken bei mir, dann springen sie prinzipiell in tausend Scherben. (Aber andere Dinge gibt es, die wie die Tassen sind …)

  3. Arabella sagt:

    Mir gefällt es, wie alle Dinge die geliebt werden.

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