Nikolaus. Großvaters Idee und mein Erfolg.
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Meinen Adventskalender hier widme ich allen, die kämpfen, allen, die krank sind, allen, die Unterstützung benötigen.
Ich wünsche all diesen Menschen und mir eine im wahrsten Sinne des Wortes wundervolle Weihnachtszeit. Alle meine Kerzen brennen für alle, die Hoffnung brauchen.
Meine Großeltern hatten ein Wochenendgrundstück mit “Haisl”, im Nachbardorf, das zur Not in gut einer Stunde Fußmarsch erreicht werden konnte. Idyllisch am Wald gelegen, oder sogar schon teilweise im Wald, mit Strom, aber ohne fließendes Wasser. Alles, was an Wasser benötigt wurde, mußte aus einem Brunnen im Wald geholt werden (dort ist noch heute Trinkwassereinzugsgebiet für das Heimatdorf). Im Winter war es manchmal etwas bequemer, denn wenn es genug geschneit hatte, konnte auch der frisch gefallene Schnee geschmolzen und zum Waschen und Kochen und Abwaschen verwendet werden. In meiner Erinnerung lag im Winter immer viel Schnee dort draußen. Der Weg zum Grundstück und im Grundstück zur “Haisl”-Tür mußte oft freigestapft werden. Die nächste Sache war, den Ofen anzuheizen, mit alter Zeitung, Holz, Zapfen und einigen gerade mitgebrachten Brikett. Wir fuhren damals mit dem Bus, meine Großeltern hatten nie ein Auto, mein Vater lange Zeit nur ein Motorrad. Alles Benötigte wurde in Taschen, Beuteln und Rucksack zum Wochenendhaus gebracht, Brot konnte man im 400-Seelen-Dorf bei zwei Bäckern, Wurst bei einem Fleischer kaufen – das weiß ich noch. Und der “Schimmel” war das große Dorfgasthaus. Aber ob es einen normalen Laden gab? Einen kleinen Konsum, oder ’ne HO? Nein, das weiß ich nicht mehr sicher, obwohl es wahrscheinlich ist …
Irgendwann um 1970 herum oder wahrscheinlich sogar im Jahr 1970 war ich mit Oma und Opa im Winter übers Wochenende dort. Schnee gab es genug, trotzdem wurden zwei Eimer Wasser am Brunnen im Wald geholt. Es dauerte nicht lange, und der Ofen hatte die Stube gut durchgewärmt. Oma stand in der Küche und hatte auch dort Feuer im Herd, und auf dem Herd hatte sie mit den Vorbereitungen für das Sonntagsessen begonnen. Ach, wie das duftete! Leise spielte das Radio, Opa wollte immer Bayern 1 hören. An diesem Sonnabend aber sollte ich mit ihm gemeinsam nocheinmal hinaus in den Schnee, hinein in den Wald. Es war zur beginnenden Dämmerung, daß wir losgingen. Opa hatte einen Rucksack, der jedenfalls nicht leer aussah.
Hinein ging es in die weiße Pracht, in den Wald auf etwa 700 m ü. NN. Und Opa lief schnurstracks bergan, so daß ich als Siebenjähriger manchmal Mühe hatte, ihm zu folgen. Aber er wollte eben noch bevor es ganz dunkel war sein Ziel erreichen und wieder im Wochenendhaus zurück sein. Plötzlich bog er nach rechts ab. Dort, das wußte auch ich schon, stand eine Futterkrippe fürs Wild. Und Opa sagte mir, daß er und ich jetzt den Nikolaus vertreten für die Rehe und Hasen und Wildschweine. Er setzte den Rucksack ab, öffnete ihn und ließ mich einige Möhren, Äpfel, etwas hartes Brot und harte Brötchen in den Holzkasten legen. Dann wurden noch ein paar Nüsse (es können auch Kastanien oder Eicheln gewesen sein) ringsum verstreut. Klar, daß ich unbedingt auf die Tiere warten wollte, um zu sehen, wie die sich über das zusätzliche Futter freuten. Aber nix da, Opa wurde sehr deutlich. Und es war schon ziemlich dämmerig geworden.
Ich als Siebenjähriger hätte meinen Großvater wirklich alleine zurückgehen lassen und wäre bei der Krippe sitzengeblieben. Wenn dem dann nicht das Lockmittel eingefallen wäre! Ja, so war er, der Kurt, am Ende wußte er, wie er uns locken konnte. Für mich war es an diesem Abend der Hinweis darauf, daß meine Schuhe zur Nacht schon dastehen müßten, sonst könne der echte Nikolaus, der mit den Besuchen bei den Menschen genug zu tun hat, mir ja nichts in die Stiefel oder Schuhe stecken. Ob ich damals merkte, daß er mir sogar unseren Einsatz als Hilfsnikolause für Tiere rechtfertigte, erklärte, mit diesem einen Nebensatz? Ich weiß nicht. Ich weiß aber, daß wir im hellen Schnee heimwärts stapften und erst in tiefer Dunkelheit an das Küchenfenster klopften, hinter dem Oma noch immer am Kochen war. Sie schaute kurz heraus, trug uns noch das Schließen der Fensterläden auf. Das wurde jeden Abend gemacht! Und morgens war das Öffnen der Läden eine der ersten Taten, die notwendig waren. Dann ging es hinein in die mollig warme Stube, zum heißen Pfefferminztee, zum Abendessen. Und danach wurde vorm Schlafengehen noch eine Runde Mensch-ärgere-dich-nicht gespielt.
Am nächsten Morgen jedenfalls fand ich in meinen Schuhen eine kleine Tafel Schokolade, eine Apfelsine, einen Apfel, ein paar Nüsse und Zuckerkringel und Pfefferkuchen und Kekse. Also hatte der Nikolaus es doch noch bis an den Waldrand dort in dem winzigen Dörfchen geschafft! Und das ganz bestimmt nur, weil ich ihm die Arbeit beim Beschenken der Waldtiere abgenommen hatte …
Der Verfasser des Blogs schleicht davon und dankt für’s Lesen.
P.S.: Positiv am 5. Dezember 2014 war ein netter Abend.
Tageskarte 2014-12-06: V – Der Hierophant.
© 2014 – Der Emil. Text unter der Creative Commons 4.0 Unported Lizenz
(Namensnennung, keine kommerzielle Verwertung, keine Veränderung).
Danke. Und einen schönen Nikolaustag für dich.
Ähm, bitte. Ja, bis jetzt war er ganz gut.
Fein. Hast du gesungen?
Nur in der Badewanne.
Ich auch:-D
Ich finde es so schön, dass es damals wirklich „Süßigkeiten“ gab, nicht CDs, Computerspiele und sonstiges, damit der Gabentisch zum Weihnachtsfest etwas entlastet wird. Viele der heutigen Kinder ersticken fast in Geschenken.
Es waren die Apfelsinen und die Kekse, die mich am meisten freuten.
Und heute? Ist vielleicht doch der Überfluß einer der Gründe, warum Advent und Weihnacht nicht mehr so heimelig sind wie früher?
Als ich Kind war, habe ich wirklich und wahrhaftig noch ans Christkind geglaubt, es war ein kirchliches Fest für mich, kein Fest der vielen Geschenke.
Ans Christkind hab ich nie geglaubt … Aber das war in der DDR auch eher unüblich.
Na, ich war aber christkatholisch – lange Jahre. Ich habe in der sogenannten Diaspora gelebt.
Diaspora. Ach ja.
Erinnerungen zuhauf. Auch weniger gute. (Trotzdem war und ist es meine Heimat geblieben, das uns abgeschacherte Land.)
Meine offenbar auch, denn das neue Land konnte nie diesen Status erringen, dazu hat es mich in zu vieler Hinsicht enttäuscht.
Gute Geschichte! Ließ mich an Peter Roseggers „Als ich noch ein Waldbauernbub war“ denken!
Dankesehr! (Rosegger. Auch noch nie angefaßt, fällt mir auf.)
Eine schöne Geschichte, lieber Emil. Vor dem Schlafen gehen eine Runde Mensch-ärgere-dich-nicht spielen möchte ich auch mal wieder. Wo ist das anheimelnde Gefühl von anno dunnemals hin?
Die hab ich gestern verpasst. Wunderbare Erinnerungen des Kindes, das du warst und noch immer in dir trägst. Danke!
Als Stadtkind fielen meine Nikoloerlebnisse nicht ganz so romantisch aus wie Deine. Dennoch habe ich viele schöne Erinnerungen daran.
LG Gabi