In meinem Kopf (Nº 245 #oneaday)

Analysiere Dich selbst (Teil 234) – Kriterium A

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Seit Jahren habe ich immer nur zwei, maximal drei Menschen, an die ich mich näher binde und die ich näher an mich heranlasse. Meine allerallerallerbeste Freundin ist seit fast zehn Jahren ein solcher Mensch – und damit die bisher längstandauernde Konstante in meinem Leben. Selbst meine Ehen und anderweitigen Beziehungen dauerten nie so lang.

Auch Männerfreundschaften waren nie so beständig. Meist war ich es, der sich irgendwann wieder zurückzog. Allerdings gab es nie einen direkten Anlaß dazu. Meist nur so ein diffuses Gefühl, eine Ahnung. Oder aber eine räumliche Trennung führte zum “Einschlafen” der Kontakte.

Oh, wie sehr ich mir Beständigkeit in einer Lebenspartnerschaft wünsche! Und was ich nicht alles schon dafür unternommen hatte! Genützt hat das alles nichts oder nicht viel. Irgendwann war es soweit, daß ich weggeschickt wurde oder wegging; und ganz unschuldig war ich daran nie.

Heute frage ich mich nun, wieso das jedesmal so ablief? Ich hatte doch immer wahnsinnige Angst davor, wieder alleine zu sein? Kann es sein, daß ich bei den leisesten Anzeichen einer Krise in den Beziehungen schon losgezogen bin und nach Alternativen suchte? Auch, wenn diese Anzeichen für mich noch garnicht bewußt wahrnehmbar waren?

Es scheint so, obwohl oder gerade weil mich die Angst vor dem Verlassenwerden wirklich außerordentlich heftig plagt. Da reicht(e) manchmal eine im Scherz gemachte Bemerkung, ein Wort (!), eine für andere verständliche Verweigerung oder ein Vergessen/Übersehen, und ich breche in Panik aus. In richtige Panik mit körperlichen Reaktionen und Symptomen.

Der Blutdruck schnellt in die Höhe, der Puls beginnt zu rasen, Unruhe führt dazu, daß ich wie ein Tiger im Käfig in meiner Wohnung hin- und herwandern muß, nicht still sitzen kann. Purer, hektischer Aktionismus ergreift mich, ich schreibe SMS, Mails, PM im Sekundentakt und kann hinterher meist nichteinmal mehr sagen, was ich da schrieb. Die schwärzesten Szenarien laufen als Film in meinem Kopfkino.

Oft bringe ich es auch fertig, meinen Gemütszustand – und der ist in Panik resigniert, endzeitlich – mit durchaus dramatischen Floskeln öffentlich darzustellen. Ein Kontaktabbruch, auch ein verständlicher, vorübergehender, treibt mich weiter in die Panik. Schon gut, ich entschuldige mich ja schon dafür! Und erst, wenn nichts mehr von mir zu hören ist, erst dann muß sich jemand Sorgen meinetwegen machen.

Aber sie bleiben ein Thema in meinem Leben: übertriebene Bemühungen, ein tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu vermeiden. Warum erzähl' ich das hier, es macht mich doch angreifbar?

Der Verfasser des Blogs schleicht davon und dankt für’s Lesen.

P.S.: Positiv am 1. September 2011 waren die Telefonate, neue Hoffnung, ein kurzer Rettungseinsatz im Jobcenter.

© 2011 – Der Emil CC by-nc-nd der_emil(at)arcor(dot)de

245 / 365 – One post a day (WP-count: 447 words)

Über Der Emil

Not normal. Interested in nearly everything. Wearing black. Listening. Looking. Reading. Writing. Clochard / life artist / Lebenskünstler.
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0 Antworten zu In meinem Kopf (Nº 245 #oneaday)

  1. Die Hellwache sagt:

    Lieber Emil, warum Du das in einem „öffentlichen“ Blog erzählst … keine Ahnung, aber meiner Meinung nach ist es eher ein Zeichen von emotionaler Stärke, wenn man seine Probleme offen äussert, als wenn man das nicht tut. Somit führt „Angreifbarkeit“ manchmal zu wahrer Kraft UND einem grossen Überlebenswillen, ich spreche tatsächlich aus Erfahrung! Alles Gute + liebe Grüsse, DH 🙂

  2. anniefee sagt:

    „Angreifbarkeit“ zeugt von wahrer Kraft UND einem grossen Überlebenswillen,

    dass hoffe ich zumindest ^^

  3. colorsigns sagt:

    diese blogseite hier ist eine der ehrlichsten offensten die ich bis jetzt gelesen habe. vielleicht bin ich deswegen so gerne hier. lese und habe etwas zum nachdenken für den gesamten tag, dafür möchte ich dir dankeschön schreiben. lb. grüße christin

  4. sucherin sagt:

    Deine Überschrift „Analysiere Dich selbst (Teil 234) – Kriterium A“ hat mich trotz des ernsten Themas ein wenig schmunzeln lassen. Danke für den offenen Beitrag.

    • der_emil sagt:

      Es gibt noch mehr solcher Texte, die es aber (leider? zum Glück?) nicht in einen Blog geschafft haben – daher kommt Teil 234 (in Ziffern zu sprechen und zu lesen).

  5. Ilona Form sagt:

    Lieber Emil, kannst Dich bestimmt noch an meinen Blog erinnern,in dem ich alles,aber auch alles
    rauslies. Ich bekam Lob, Schimpfe, Beleidigungen. ABER mir gings danach gut und die Kraft
    reichte noch für meine Familie….
    Ich würde es immer wieder machen !!!!!
    Ich drück Dich mal….Illo.******

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