Das 1. lag schon da! (Nº 168 #oneaday)

GlasbruchSchauspielerPiratenStory

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Seit einer ganzen Weile saß ich mit dem anderen Volk auf dem Marktplatz herum. Auf den Brunnensteinen sitzend war ich beim Quasseln mittlerweile zur zweiten Flasche Bier gekommen. Als die Polizeiwagen kamen – ohne Sondersignal – verschwanden die Anderen alle blitzschnell. Die Anderen: Schwarze Gestalten und Punks, die wohl allesamt besser auf Begegnungen mit den Ordnungshütern verzichten. So schnell war ich als Alterspräsident nicht und saß nun allein da.

“Und während ich das Pusteröhrchen fertigmache, Herr Xxxxxxx, sagen Sie mir mal, warum sie die Flaschen zerschmissen haben.” sprach der nette Herr in Schwarz-Blau zu mir. Ich hatte zwar mit den Anderen ein Bier getrunken und mir auch eine zweite Flasche gerade beim Eintreffen der Polizei geöffnet, aber das alles auch schoneinmal dem Herrn POM erzählt.

Also fragte ich nach der Rechtsgrundlage für die Alkoholkontrolle, ob ich einen so besoffenen Eindruck machte, daß ich eine Gefahr für mich oder andere wäre? “Nur sicherheitshalber.” war die mich nicht zufriedenstellende Antwort. Klar. Ich könnte mich der Atemalkoholkontrolle verweigern. “Außerdem haben wir Sie in der Gruppe auf dem Überwachungsvideo erkannt.” Ja, das dürfte selbst bei der miesen Qualität der Videos möglich sein. “Und wir nehmen an, daß Sie und andere alkoholisierte Personen aus dieser Gruppe diese Verunreinigungen verursacht haben.”

Nocheinmal versuchte ich, dem Herrn POM den eigentlichen Grund für meine Anwesenheit auf dem Markt zu erklären. Ich bin nämlich einer der Pfandpiraten, einer von denen, die sich über jede zerschmissenen Flasche ärgern. Und die Punks und das Schwarze Gemüse heben ihr Leergut für mich auf. Seit Monaten schon kann ich meine Haushaltskasse damit ein wenig aufbessern.

Aber nein, da meine große Flaschentasche nur halbvoll ist, soll ich wohl einige meiner Kapitalanlagen hier so zerdroschen haben, daß Scherben entstanden. Diese Scherben sind die Verunreinigung, um die es geht und wofür man mir gerne ein Ordnungsgeld, ein Bußgeld oder eine Geldstrafe verpassen mag. Ganz sicher gibt es einen Platzverweis, das kenn ich schon. Als ich mich vom Polizisten entfernen möchte, um meine Kippe in den nahestehenden Aschenbecher zu entsorgen, will er mich zuerst festhalten. Dann begreift er und läßt mich machen …

Genau in diesem Moment kommt ein Punk um die Ecke getorkelt, brüllt lauthals nach mir und schwenkt leere Bierflaschen in seinen Händen. Die Polizisten ignorierend kommt er auf mich zugeschwankt und umarmt mich. Dann drückt er mir die Flaschen in die Hand.

Er dreht sich um zum POM, spricht ihn mit Vornamen und mit “Brüderchen” an. “Soll Der Emil die Scherben hier gemacht hamm? Laßt mal, die lagen schon heute nachmittag um dreie hier. Die stammen noch vom Stadtstreichername.” Der Punk, der irgendwann tatsächlich mal davon sprach, daß sein Bruder «Bulle» sei, greift nach meiner Flaschentasche und nach meinem Rucksack.

Der POM hat den Alkomat wieder weggepackt und sagt mir, daß ich demnächst mit der Zusendung eines Anhörungsbogens zu rechnen habe wegen Paragraphengemurmel. Der Punk allerdings schubst mich von dannen, dreht sich nochmal zu seinem Bruder und verabschiedet sich von ihm mit den Worten:

“Unsern Emil nehm ich jetzt mit. Und denk dran, der war das mit dem Glas nich.

Das lag schon da!”
 



 
Nachdem wir um die Ecke aus den Augen der Polizei verschwunden sind, erzählt mir der Punk stocknüchtern, daß ihn einer der Anderen angerufen und Bescheid gegeben hat. Ich habe auch nie wieder etwas von dem Vorfall gehört – auch keine Anhörung bekommen seit 2008 …

Der Verfasser des Blogs schleicht davon und dankt für’s Lesen.

© 2011 – Der Emil CC by-nc-nd der_emil(at)arcor(dot)de

168 / 365 – One post a day (WP-count: 587 words)

Über Der Emil

Not normal. Interested in nearly everything. Wearing black. Listening. Looking. Reading. Writing. Clochard / life artist / Lebenskünstler.
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0 Antworten zu Das 1. lag schon da! (Nº 168 #oneaday)

  1. geknipselt sagt:

    grins….:-)

  2. sucherin sagt:

    Wunderbare erste Geschichte in Deiner Themenwoche. Diesen Beitrag wollte ich unbedingt noch lesen und er gefällt mir sehr. Nun muss ich aber wirklich los .:-).

  3. Gudrun sagt:

    Lieber Emil,
    deine Geschichte hatte ich schon mitten in der Nacht gelesen, aber ich war viel zu müde, um etwas dazu zu schreiben. Aber Erinnerungen hat sie geweckt. In meiner „Lindenstadt“ trafen sich die Schwarze Gestalten und Punks immer hinter dem Opernhaus, an dem kleinen Teich. Und manchmal war meine jüngste Tochter auch mit dort. Einen Zusammenhalt gab es, der war wirklich beispielhaft. In der Zwischenzeit ist sie selber keine Schwarze Gestalt mehr, und ich weiß nicht, ob das noch ein beliebter Treffpunkt ist. Die Stadt sah das nicht so gerne. Wahrscheinlich, weil immer mal was liegen blieb.

    Liebe Grüße aus dem Spinnstübchen
    (… und ich bin gespannt auf deine zweite Geschichte. Ach ja, „Das waren wir nicht, das war schon so!“ war ein Lieblingsspruch meiner Kinder. Man könnte auch sagen:“ Das lag da schon!“ 😀 )

  4. Mandy sagt:

    Schöner Blog und animiert zum schmunzeln! Auch wenn ich nicht immer deine Blogs kommentiere, ich les sie!!! 😉

  5. Synapse sagt:

    Geschichten aus dem Leben sind mitunter die Besten. LG zu dir, Mandy

  6. Ilona Form sagt:

    Moin Emil, tschaa passte nicht ins Schema,erstmal beschuldigen…. Toll der „Punk „……..
    Wünsche Dir nie nicht mehr solche Erlebnisse,denn nicht immer sind Freunde am Ball.
    Schönen Freitag noch Du Glückspilz von Illo.*******

  7. puzzle sagt:

    Das ist ein eindrucksvoller Einstieg – und mir gefällt der Ausdruck Paragraphengemurmel.
    Verständnis für das Ahnden von mutwilligem Flaschenzerdeppern habe ich aber trotzdem: die Himmelfahrstausflugssuffköppe haben den gesamten Radweg / Schulweg im Abständen von ca. 50 m mit Weiß- und Braunglasscherben hinterlassen, das sind jetzt wochenlang Reifenkiller 🙁

    • der_emil sagt:

      Das war bei dem Haufen, mit dem ich dort saß, Gesetz: Wer was hinschmeißt, muß es auch wegräumen. Wenn da also einem die Flasche runterfiel, wurden sofort die Scherben weggeräumt, und die ausgelaufene Flüssigkeit (Bier, Cola) mit Wasser aus dem Brunnen verdünnt und weggespült. Am Ende halfen immer irgendwelche mit …

  8. freidenkerin sagt:

    … Und die Schicki-Micki-Leutchen, die allabendlich bis in die frühen Morgenstunden vor der benachbarten Kneipe ihr Unwesen treiben, dürfen Bier-, Sekt- und Schnapsflaschen auf dem Gehweg zerdeppern – und kein Hahn kräht danach, und wenn man sich hilfesuchend an die Polizei wendet, dann wird abgewiegelt… Deutschland wird immer seltsamer…

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